Freitag, 26. Januar 2018

Wenn mein Großer glücklich ist

Ich liebe es, mit dem Großen allein unterwegs zu sein. Etwas gemeinsam zu entdecken, Zeit zum Reden zu haben und mich ganz und gar auf ihn konzentrieren zu können. Ihm interessante Dinge aus der Geschichte und Gegenwart zu erzählen und seine Fragen zu beantworten. Ihm die Ruhe zum Überlegen geben zu können und selbst Muße zu haben, mich auf seine Gedanken einzulassen. Ihn anzuschauen und mich exklusiv um ihn kümmern zu können, ohne dass von der Seite jemand verbal oder physisch an mir zerrt. Mir bewusst zu werden, was für ein großer Junge er schon ist und wie toll man sich mit ihm schon austauschen kann. Das ist wunderbar und ich brauche das total.

Auch er liebt es unglaublich, die volle Aufmerksamkeit eines Erwachsenen zu haben. Er braucht die Gelegenheit, seine Gedanken ungestört entwickeln und auch äußern zu können. So oft wird dazwischengeredet, so oft muss er unterbrechen und warten, so oft hat er dann verständlicherweise keine Lust mehr zu erzählen. Wenn man sich ihm ganz und gar widmet, sich auf ihn einlässt und exklusiv für ihn da ist, ist er das glücklichste Kind. Dann hört er intensiv zu, wenn man ihm etwas Spannendes erzählt, saugt alles auf und kann Dinge reproduzieren die man ihm vor langer Zeit mal nahegebracht hat. Er ist kein aktives und exploratives Kind, nein, er hat bisher kaum den Drang, sich selbst Wissen anzueignen oder etwas Neues auszuprobieren. Aber er ist ein sehr freudiger und dankbarer Empfänger von Aufmerksamkeit und Zuwendung. Es tut ihm unheimlich gut, in der direkten Interaktion mit einem Erwachsenen im Mittelpunkt zu stehen, ja, eigentlich entfaltet er sein Potential erst dann so richtig.

An einem der letzten Wochenenden war die Kleine auf einem Kindergeburtstag eingeladen und wir mit dem Großen allein. Da das sehr selten vorkommt, wollte ich unbedingt etwas mit ihm unternehmen, was wir mit der Kleinen im Schlepptau keinesfalls machen können. Meine ursprünglichen Vorhaben scheiterten nach vorheriger Recherche am Alter (eine Unternehmung war ab 7 Jahre, er wird erst im März 7) und an den zu kurzen Öffnungszeiten nach Ablieferung der Kleinen beim Geburtstag. Da wir sowieso zu dritt erst in ein schwedisches Möbelhaus wollten, um ein neues Sofa für den Großen und einen Schreibtisch für die Kleine zu kaufen, suchte ich nach Zielen in der Umgebung. Und so verschlug es uns ins Stasi-Museum Berlin, der ehemaligen Zentrale des MfS der DDR.

Das ist ja nun für Kinder eigentlich ein völlig unattraktiver Ort, mit den alten, original belassenen Einrichtungsgegenständen, den textlastigen Ausstellungsräumen und dem "schweren", nicht greifbaren Thema. Mit der Kleinen könnte man dort keine 10 Minuten verbringen, bis sie die Flucht ergreifen würde. Mit dem Großen sind wir eine Stunde durch die Ausstellung gestreift, haben ihm altersgerecht ausgewählte Details aus unserer Geschichte erklärt und seine Fragen beantwortet. Er war sehr interessiert und hat alles aufgesaugt. Sicherlich versteht er die großen Zusammenhänge und das Ausmaß dieser Vorgänge noch nicht, aber das, was wir ihm erzählt und gezeigt haben, hat er schon gut verarbeitet. Für mich ist es total toll, so ein großes Kind neben mir zu haben und ihn ein wenig am Wissen über die Welt teilhaben zu lassen. Und für ihn war es endlich mal ein Nachmittag mit der vollen Aufmerksamkeit beider Elternteile, ohne Störungen, ohne Aufregung, ohne Nervpotential. Seine Augen glänzten und er war total glücklich, das merkte man deutlich. Es bedeutet mir unheimlich viel, ihn so zufrieden zu sehen, und ich weiß, was ihm im Alltag fehlt.

Er braucht keine kleine Schwester, er braucht Erwachsene, die für ihn da sind, die sich exklusiv um ihn kümmern, die ihn nicht als Kind sehen, sondern ernst nehmen. Er braucht keine Streitereien, kein Kämpfen um die Eltern, keine Eifersüchteleien, er braucht Aufmerksamkeit, Zuwendung und Ernsthaftigkeit. Exklusiv. Und genau das ist natürlich nur bedingt möglich, wenn es ein Geschwisterkind gibt, noch dazu ein jüngeres. Umso mehr genieße ich, genießt er die rare Zeit, wenn er mal allein mit uns ist. Er wirkt dann immer so selig. Und auch für mich sind diese Momente meist wunderschön und bleiben in Erinnerung. Die erste (kurze) Exklusivzeit nach der Geburt der Kleinen, Fahrradausflüge und Museumsbesuche zu zweit und vor allem unsere gemeinsame Mutter-Kind-Kur sind einige Beispiele für schöne Zeiten mit ihm allein. Diese haben wir ihm auch immer wieder ermöglicht. Ich konnte ihn sogar schon einmal 4 Stunden mit auf meine Arbeit nehmen, als die Schule geschlossen war. Das wäre mit der Kleinen noch undenkbar. Auf der Kur habe ich allerdings auch gemerkt, dass ihm gleichaltrige Freunde fehlen, wenn er nur eine erwachsene Bezugsperson hat. Als ich begann, das Zueinanderfinden der Vorschulkinder zu forcieren, ging es ihm gleich viel besser. Das war seinerzeit eine neue Erfahrung für mich, weil ich das von ihm noch nicht kannte.

Es kommt jedoch nur äußerst selten vor, dass er beide Eltern parallel für sich allein hat, da die Kleine bisher nur selten abwesend war. Da wundert es nicht, dass er sich schon jetzt auf die 4 Tage freut, wenn sie bald zum ersten Mal auf Kitafahrt sein wird. Denn während er schon früh seine Freunde besucht hat und zumindest in den letzten 3 Jahren mehrfach ein paar Tage verreist war, ist sie gefühlt für ihn immer da. Also immer, wenn er auch da ist. Deshalb freue ich mich für ihn, dass es nun so langsam losgeht und sie ab und zu weg ist. Denn dann kann man ihm genau das geben, was er so essentiell braucht: Konzentration, Aufmerksamkeit, Exklusivität.

Ich mag es sehr, mich mit ihm zu unterhalten und ihm meine Gedankenwelt oder Themen aus Geschichte und Gegenwart nahezubringen. Ich mag es sehr, etwas mit ihm zu unternehmen und gemeinsame Erlebnisse zu sammeln. Ich staune, wie er überlegt und was er aufsaugt. Ich sehe gerührt seine glücklichen, strahlenden Augen und wie er den Moment auskosten will. Ich freue mich darüber, ihn ab und zu auch mal von dieser Seite kennenzulernen und zu erleben, so ausgeglichen und fröhlich. Ich genieße dann den Austausch mit ihm und merke, wie groß mein Großer nun schon ist, mit seinen fast 7 Jahren. Und wie glücklich er sein kann, wenn er mit Aufmerksamkeit bedacht und ernst genommen wird. Ich möchte ihm viele solcher Momente ermöglichen. Denn auch ich speichere mir diese Momente tief in meiner Erinnerung ab: wenn mein Großer glücklich ist!

Samstag, 20. Januar 2018

"Gelassen durch die Jahre 5 bis 10": Interview mit den Autorinnen des Wunschkind-Blogs über ihr zweites Buch

Gestern überraschten uns die Autorinnen des Blogs Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn mit der Ankündigung, dass sie begonnen haben, an ihrem dritten Buch zu schreiben, in dem es um das Thema Geschwister gehen wird. Wieder ein sehr spannendes Thema! Aktuell jedoch warten alle ihre Fans ungeduldig auf ihr zweites Buch "Gelassen durch die Jahre 5 bis 10", das im März 2018 erscheinen und das Vor- und Grundschulalter behandeln wird, eine Zeit voller Umbrüche und Veränderungen, die Eltern vor vielfältige Herausforderungen stellt. Mit ihrem bindungsorientierten und praxisnahen Ansatz möchten sie uns in ihrem neuen Buch gelassen durch diese Jahre führen und uns Eltern bei Themen wie Schulfrust, Vertrauen und Loslassen, Mediengebrauch etc. unterstützen. In Kürze können wir all das selbst im Buch nachlesen. Als Einstimmung darauf habe ich mit den Autorinnen ein Interview geführt, in dem sie ihr neues Buch vorstellen. Ich freue mich sehr darüber, es euch heute präsentieren zu dürfen.


Hier kommt das Interview:

Im März 2018 erscheint euer neues Buch „Gelassen durch die Jahre 5 bis 10“* im Beltz Verlag, auf das alle eure Fans und Leser schon hinfiebern. Danke, dass ihr uns hier schon einige Einblicke gewähren wollt.


1. Könnt ihr etwas näher beschreiben, welche Themen ihr im neuen Buch anreißen und welche Schwerpunkte ihr setzen werdet?

Nun, es geht vornehmlich um die typischen Probleme, die Eltern in diesem Altersabschnitt mit ihren Kindern haben: Das Kind will keine Hausaufgaben machen, es hängt nur an seinem Handy, es wird bald eingeschult und ist plötzlich so aggressiv, es hat blöde Freunde, die einen schlechten Einfluss ausüben, es hört nicht mehr auf die Eltern oder provoziert sie sogar, es flippt total aus, wenn die Eltern einen guten Ratschlag machen usw. Warum die Kinder so handeln, erklären wir wieder anhand des Gehirns - meist gibt es einen guten Grund. Wir erklären auch, wie man das als Eltern auf beziehungs- und bedürfnisorientierte Weise lösen kann. Eine ausführliche Inhaltsangabe findet ihr übrigens hier auf unserem Blog.


2. War es schwieriger, dieses zweite Buch zu schreiben, mit all dem Erwartungsdruck im Hinterkopf? Schließlich war euer Debüt ein Bestseller und ist zu einem Standardwerk über die „Trotzphase“ geworden.

Nein. Das Schreiben war genauso leicht und genauso schwer wie beim ersten Buch. Man geht ja an ein neues Buch nicht mit den Gedanken heran, einen Bestseller schreiben zu wollen. Man möchte einfach etwas erzählen - das war beim ersten und beim zweiten Buch gleich. Was jetzt, wo das neue Buch fertig ist, allerdings stark bei mir auftritt, ist Muffensausen. Ich habe wirklich Angst, es verbockt zu haben - dass alle Leser_innen das Buch langweilig und uninspirierend finden. Danielle versucht mir das tapfer auszureden. Sie findet das neue Buch toll. Also ja, Druck ist schon da. Aber eben nicht, weil wir unbedingt einen zweiten Bestseller wollen, sondern weil wir die Leser_innen nicht enttäuschen wollen.


3. In eurem ersten Buch „Der entspannte Weg durch Trotzphasen“* habt ihr ja einige eurer Blogtexte als Grundlage genommen und für das Buch erweitert. Diesmal war das sicherlich so nicht möglich, weil es nur wenige Texte zu dem thematisierten Alter auf eurem Blog gibt. Lief der Prozess des Schreibens und die Verteilung der Arbeit deshalb anders ab als beim letzten Mal?

Für das erste Buch hatten wir tatsächlich sehr viel mehr Artikel im Blog, auf die wir zurückgreifen konnten. Das war jetzt beim zweiten nicht mehr so einfach. Es sind zwar ein paar alte Artikel eingeflossen, z. B. über den Unterschied zwischen Wünschen und Bedürfnissen, aber insgesamt mussten wir sehr viel mehr neu schreiben und eben dazu auch recherchieren. Dieses zweite Buch war also arbeitsintensiver, würde ich sagen. Die Verteilung der Arbeit zwischen Danielle und mir war wie beim ersten Buch auch. Wir ergänzen uns einfach perfekt. Danielle kann innerhalb von Minuten jede Statistik und jede Buchreferenz wiederfinden, die ich brauche und sie fängt auch immer als Erste an mit jedem neuen Buch, weil sie strukturierter ist als ich. Ich merke immer erst beim Schreiben, was ich eigentlich im Buch haben will. Dafür bin ich für die Beispiele aus dem Alltag verantwortlich und mache ich auch die finale Überarbeitung, damit der Text an sich rund wirkt. Nach dem Lektorat sitzen wir beide nochmal unabhängig voneinander über den Kapiteln und suchen Fehler. Diesen letzten Schritt finde ich soooo anstrengend, dass ich ihn am liebsten ganz Danielle aufbürden würde.


4. Wie habt ihr selbst das Alter zwischen 5 und 10 bei euren Kindern empfunden bzw. wie empfindet ihr es? Was war leichter, was war schwerer als in den Jahren davor?

Katja: Ich finde eigentlich nur das Begleiten von Wutanfällen als emotional sehr auslaugend, insofern finde ich das Zusammenleben mit Kindern, die 5 und älter sind, als total entspannend. Klar gibt es auch Streit, schlechte Laune und irgendwelche Phasen, aber die waren bei uns immer nur kurz. Als meine Tochter Fräulein Chaos eingeschult wurde, ihre gleichalte Schwester aber nicht, da hatten wir z. B. ein paar sehr intensive Wochen mit einigem Gekreische auf Seiten der nicht eingeschulten Tochter. Da sie rein rational gut verstanden hatte, warum wir sie hatten zurückstellen lassen, und sie in der Kita auch glücklich war, brauchte ich ein bisschen, um dem Kreischen auf den Grund zu kommen. Als wir das aber verstanden hatten, konnte wir sie und ihr Bedürfnis besser unterstützen und dann hörte auch das störende Verhalten auf. Es ist also nicht alles Friede, Freude, Eierkuchen bei uns, aber ich muss auch nicht täglich irgendwelche Grabenkämpfe austragen. Mittlerweile sind meine Kinder so vernünftig und rücksichtsvoll, dass ich wirklich nur noch sagen muss, wenn mich eine Kleinigkeit stört (z. B. wenn sie laut herumalbern, während ich etwas schreiben will), und dann hören sie einfach mit dem Störenden auf. Oder sie schlagen mir eine Alternative vor, so dass wir alle das bekommen, was wir wollen. Das hört sich jetzt albern kitschig an, aber unser Zusammenleben ist so leicht und schön, dass ich mich wirklich sehr gesegnet fühle.

Danielle: Ich muss ehrlich gestehen, dass mich die Zeit jetzt mehr anstrengt, als die ersten 5 Jahre, die ich mit meinen Kindern verbracht habe. Das liegt aber vorrangig daran, dass wir die Kinder in der Autonomiephase gut begleiten konnten, so dass diese Zeit eigentlich ruhig und angenehm war. Meine Kinder sind jetzt 6 und knapp 9 und lieben es, sich gegenseitig zu provozieren. Meinen Mann stresst das ziemlich, so dass ich mich oft unter Druck fühle, die Situationen möglichst schnell lösen zu wollen. Ich selbst kann das Geschrei meist gut aushalten und will lieber abwarten, bis sie selbst eine Lösung finden, aber meinem Mann fällt das sehr schwer. Da die Balance zu halten zwischen dem Bedürfnis meines Mannes nach Ruhe und dem Lernschwerpunkt der Kinder, ihren Streit selbst zu lösen, ist für mich ziemlich anstrengend. Was aber angenehm ist: meine Kinder sind nun in dem Alter, in dem sie für längere Zeit allein oder miteinander spielen. So haben wir Eltern zunehmend mehr Zeit für unsere eigenen Belange und natürlich auch uns als Paar - das ist schon deutlich entspannender, als die Zeit, in der man dem Anderthalbjährigen wachsam quasi auf Schritt und Tritt folgen musste.


Bildquelle: Das Gewünschteste Wunschkind aller Zeiten


5. Was sind die grundlegenden Veränderungen in diesem Alter und was sollten Eltern unbedingt wissen und berücksichtigen?

Nun, im ersten Lebensjahr lernen unsere Kinder ja erstmal ihren Körper kennen und ihn zu koordinieren. In der Trotzphase zwischen einem und fünf Jahren wiederum lernen sie, ihre Gefühle einzuordnen, mit ihnen umzugehen und sie zu integrieren. Wenn das abgeschlossen ist, also mit etwa 5 Jahren, sind im Gehirn dann alle Voraussetzungen gegeben, um zu lernen, wie die eigenen Handlungen auf andere wirken, welche Konsequenzen in den Beziehungen dadurch auftreten usw. Das große Lernthema der mittleren Kindheit ist also eindeutig "soziale Beziehungen". Deshalb driften unsere Kinder in diesem Alter auch etwas von uns weg, hin zu ihren Peers. Die Meinung ihrer Freunde wird wichtiger, und sie wollen immer mehr Zeit mit ihnen verbringen, als mit uns. Das ist richtig und wichtig so. Für die Eltern bedeutet das, sich im Loslassen zu üben. Wir dürfen weiterhin in Beziehung mit unseren Kindern bleiben, aber ihnen nicht in ihr Leben und ihre Freundschaften reinreden. Wenn sie in schwierige Mobbingsituationen geraten, dann müssen wir natürlich helfend zur Seite stehen, aber den Rest meistern sie gut allein. Und auch, wenn sie sich innerhalb dieser Freundschaften und Beziehungen für Wege entscheiden, die wir mit unserer Lebenserfahrung irgendwie doof oder nicht gesellschaftlich angemessen finden, sollten wir ihnen die Möglichkeit geben, selbst herauszufinden, was bei anderen gut ankommt und was nicht. Dieser Lernweg ist einfach nachhaltiger.


6. Katja Seide ist ja Lehrerin. Hast Du mit dieser Altersgruppe auch beruflich zu tun? Inwieweit fließen diese Erfahrungen in das Buch mit ein? Profitierst Du selbst davon, eure Gedanken und Strategien zu diesem Alter mal kompakt zusammengefasst und aufgeschrieben zu haben?

An meiner jetzigen Schule arbeite ich mit Kindern von 6 bis 12 Jahren, an der letzten Schule waren es sogar Kinder von 6-16 Jahren, und ja, natürlich fließen die Erfahrungen mit ins Buch ein. Ich habe ein bisschen aus dem Nähkästchen geplaudert, wie wir Sonderpädagogen z. B. mit "schwierigen" Kindern umgehen oder was ich genau mache, wenn es einen eskalierten Streit zwischen zwei Kindern gegeben hat.


7. Für viele Eltern ist speziell die sogenannte Wackelzahnpubertät vor der Einschulung besonders nervenaufreibend. Auch bei meinem Sohn, der bald 7 Jahre alt wird und gerade eingeschult wurde, bemerke ich immer noch deutliche emotionale Schwankungen bzw. Schübe, in denen alles ausgelöscht scheint, was vorher gut funktionierte. Was passiert da in den Kinderhirnen und wie kann man diese umwälzende Zeit gut unterstützen?

Es gibt ja den Mythos der Vorschulpubertät, der besagt, Jungs hätten mit 5 und 6 eine Art Hormonschub, so dass sie in dieser Zeit aggressiver sind. Quasi wie in der richtigen Pubertät. Wir haben da intensiv nachgeforscht, und diesen Testosteronschub gibt es nicht. Von der Geburt bis etwa 10 Jahre haben Jungen und Mädchen gleich viel Testosteron im Körper, nämlich quasi null. Gäbe es diesen Hormonschub bei Jungen wirklich, würde ihnen mit 5 Jahren Haare unter den Achseln wachsen oder sie würden eine tiefere Stimme bekommen - das passiert aber nicht. Außerdem sind auch Mädchen mit 5 oder 6 Jahren echte Zahnlückenrebellen - sie sind genauso aufmüpfig, wie Jungen. Nein, was da in dem Jahr vor der Einschulung passiert, ist ein anderes Phänomen. Dazu muss ich ein bisschen ausholen. Es ist so, dass wir Menschen und alle wilden Tiere es nicht leiden können, uns in hilflosen Situationen wiederzufinden. Das löst in unserem Gehirn nämlich eine Menge Stress aus. Deshalb versuchen wir, Hilflosigkeit zu entgehen. Es gibt ein sehr aufschlussreiches Experiment mit weißen Mäusen. Diese haben einen sehr großen Anteil des Tages damit verbracht, den Wissenschaftlern auf der anderen Seite des Käfigs zu "widersprechen". Knipsten die Versuchsleiter z.B. Licht in dem Käfig an, setzten die Mäuse alles daran, dieses Licht wieder auszumachen. Machten die Versuchsleiter das Licht aus, knipsten die Mäuse es wieder an. Sie verzichteten sogar freiwillig auf Nahrung oder Sex, nur, um widersprechen zu können, also eine Möglichkeit zu haben, sich nicht hilflos ausgeliefert zu fühlen. Und diesen Drang haben wir Menschen auch. So - und nun sind unsere 5-Jährigen also plötzlich in der Situation, dass sie bald zur Schule kommen. Die Erwachsenen um sie herum spechen nun andauernd darüber, ältere Herrschaften reden vom "Ernst des Lebens", der für sie beginnt, sie müssen in der Kita zur "Vorschule" gehen. Die Kinder wissen nicht so genau, wie es in der richtigen Schule sein wird, sie haben Angst davor, sie werden neue Freunde finden müssen, sie werden wieder die Kleinsten sein etc. Die Einschulung kommt also gnadenlos auf sie zu, und egal, was sie tun oder nicht, sie können nicht verhindern, eingeschult zu werden. All das führt zu großem inneren Druck, weil sie eben im Hinblick auf die Unausweichlichkeit Hilflosigkeit verspüren. Und was passiert bei großem inneren Druck? Wir werden aggressiv. Und genau das ist es, was wir bei den Zahnlückenrebellen beobachten: Es ist in Wut und Aggression umgewandelte Hilflosigkeit.

Wenn man das weiß, kann man das als Eltern relativ leicht auflösen. Man sollte den Kindern die Möglichkeit geben, sich auf anderem Gebiet nicht hilflos, sondern handlungsfähig zu erleben. Bei einer Aktion, die ihnen vielleicht auch Angst macht, aber eben bewältigt werden kann. Man muss ihnen quasi einen Knopf zum Drücken anbieten, wie bei den weißen Mäusen. Dazu eignen sich "gefährliche" Dinge, wie z.B. mit dem Messer schnitzen, oder allein zum Einkaufen gehen, oder allein kochen zu dürfen, oder mit Feuer hantieren zu dürfen. Gibt es für das Kind genügend andere Gelegenheiten, sich als nicht hilflos zu erleben, dann schwindet auch die Aggression im Alltag, die durch das Damoklesschwert "Einschulung" ausgelöst wurde. Alternativ können Eltern natürlich auch abwarten - ein paar Wochen nach der Einschulung sind eigentlich alle Kinder wieder von allein ganz normal und entspannt.


8. Was müsste im System Schule verändert werden, um Kindern in diesem Alter generell besser gerecht zu werden?

Oha, dazu könnte ich Romane schreiben... Ich glaube, es muss einen Paradigmenwechsel innerhalb des Verständnisses von Schule und Lernen geben. Wir müssen Zwang und Druck abschaffen, und den Kindern ihre Individualität in ihrem Herangehen ans Lernen lassen. Soweit ich das beurteilen kann, sind die meisten Schulen an diesem Punkt noch nicht angekommen. Aber es würde auch ein gänzlich neues Verständnis von Unterricht notwendig machen. An der Schule meiner Kinder wird z. B. in Mathe mit Yo-Gi-Oh und Nexo-Knights-Karten unterrichtet, was die Kinder natürlich viel mehr "abholt" als klassischer Unterricht. Wenn ein Kind ein Bild nur gekritzelt ausmalt, wird das einfach so angenommen, ohne darauf hinzuweisen, dass das nicht "richtig" ausgemalt sei. Sie werden zu nichts gedrängt und können jederzeit (auch mitten im Unterricht) zum Spielen auf den Hof gehen. Ihnen wird Vertrauen entgegengebracht, die Dinge dann zu lernen, wenn es für sie wichtig wird. Und der Erfolg gibt der Schule Recht - die Kinder lernen das alles auch ohne Zwang. Nur halt manchmal nicht in der von Erwachsenen vorgesehenen Reihenfolge.

Generell finde ich, dass die Schule, so wie sie existiert, den Kindern zu stark abgewöhnt, eigene Entscheidungen zu treffen. Man braucht nur mal kurz in eine beliebige erste Klasse hineinzuschauen: Den Kindern wird gesagt, wann sie frühstücken sollen, dass sie nun ihre Mathesachen auspacken sollen, dass sie jetzt bitte noch schnell auf Toilette gehen sollen, weil es gleich klingelt, dass sie eine Jacke auf dem Hof anziehen sollen, weil es kalt sei und dass sie nun den Buchstaben A lernen etc. Es gibt in der klassischen Schule wirklich kaum Gelegenheit für Kinder, eigene Entscheidungen für sich selbst zu treffen. Das machen immer die Erwachsenen. Und dann wird sich hinterher gewundert, warum die Kinder so unselbständig werden. Tja nun. Die Universitäten beschweren sich, dass die jungen Studierenden es nicht mehr schaffen, sich selbst zu organisieren und ihr Studium zu planen und umzusetzen, aber anstatt das Übel bei der Wurzel zu packen und den Umgang der Schule mit Schülerinnen und Schülern zu ändern, und sie selbstständiger werden zu lassen, wird stattdessen am Symptom rumgedoktert und das Studium komplett verschult. Klar, so kommen die Studierenden dann durch's Studium, aber sie haben dann immer noch nicht gelernt, eigene Entscheidungen zu treffen, ein Ziel zu planen und umzusetzen...

Bildquelle: Pixabay

9. Es gibt zu diesem Alter kaum Bücher, die keinen Fachbuchcharakter haben. Wolltet ihr ganz bewusst eine Literaturlücke schließen und ein populäres, allgemeinverständliches Buch zum Grundschulalter schreiben?

Uns war erst gar nicht bewusst, wie wenig Bücher es zu diesem mittleren Alter gibt - wir waren sehr überrascht, als wir das herausfanden. Denn eigentlich ist das doch der Zeitraum, um soziale Beziehungen zu lernen! Gerade, wenn man Angst davor hat, was die Pubertät so bringt, sollte man unbedingt die Jahre 5 bis 10 nutzen, um grundlegende Werte und eine tragfähige Basis für nicht-verletzendes Verhalten zu vermitteln. Die meisten Eltern kaufen erst in der Pubertät Bücher, wenn sie akute Probleme haben, aber dann ist ja eigentlich schon der Zug abgefahren. Jesper Juul z.B. sagt, dass in der Pubertät Erziehung nicht mehr geht und wir stimmen ihm da durchaus zu.


10. Seid ihr eigentlich ausgebrannt nach dem Schreiben dieser beiden Bücher oder habt ihr schon die nächsten Projekte im Hinterkopf? Auf eurem Blog ist es ja gerade etwas stiller; wie sieht euer Alltag zur Zeit aus? Wird es wirklich ein drittes Buch geben?

Es wird auf jeden Fall ein drittes Buch geben! Tatsächlich fangen wir gerade an, es zu schreiben, obwohl es zeitlich etwas schwierig ist. Wir beide haben den Job gewechselt und müssen uns erst einmal am neuen Arbeitsplatz einarbeiten. Zusammen mit der Familie bleibt da herzlich wenig Zeit für das neue Buch, leider. Die meisten unserer Leserinnen und Leser vermuteten, wir würden jetzt zur Pubertät schreiben. Aber wir haben immer gesagt, wir können nur authentisch über Themen schreiben, die wir selbst schon mit unseren Kindern durchgemacht haben. Daher ist das Thema des dritten Buches "Geschwister" - wie geht man mit Eifersucht und Geschwisterstreit um, was sollte man beachten, wenn ein neues Baby in die Familie geboren wird und wie jongliert man die unterschiedlichen Bedürfnisse der Kinder? In unserem Kopf ist es quasi schon halb geschrieben - nur müssen wir irgendwie Zeit finden, es auch in den Laptop zu tippen. Wir werden es diesmal wie beim ersten Buch machen - wir schreiben Artikel über das Thema für den Blog und fassen diese dann hinterher für das Buch zusammen. So bleiben wir unserem Wunsch treu, unser Wissen kostenlos zur Verfügung zu stellen. Unsere Leserinnen und Leser können dann selbst entscheiden, ob ihnen die Artikel im Blog ausreichen, oder ob sie dann noch das Buch kaufen wollen, um die Gedanken gebündelt für zuhause zum Nachschlagen zu haben.

Ich danke euch von ganzem Herzen für das Interview, wünsche eurem neuen Buch viel Erfolg und wieder viele Leserinnen und Leser und hoffe, dass ihr uns noch lange als Blog- und Buchautorinnen erhalten bleibt. Danke!

Die Eckdaten des Buches:

Danielle Graf, Katja Seide: Das gewünschteste Wunschkind aller Zeiten treibt mich in den Wahnsinn: Gelassen durch die Jahre 5 bis 10*, Beltz Verlag, 352 Seiten, März 2018, ISBN 978-3407865045, € 16,95
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Samstag, 13. Januar 2018

Eine Schatztruhe von Ideen: Familienzeit - Entdeckerbuch für glückliche Familien (Rezension)

Heute möchte ich euch abseits meiner sonstigen Rezensionen ein Buch vorstellen, das ich bei einer anderen Bloggerin entdeckte und was mich sofort begeisterte, da es ein ganz ungewöhnliches Werk ist: Familienzeit - Entdeckerbuch für glückliche Familien*, ein Buch, das Familien durch den Jahreskreislauf begleiten und Anregungen für eine tolle Familienzeit in der Natur und zuhause geben soll. Wer ein schönes Buch sucht, das mehr als ein Bastel-, Koch- oder Ratgeberbuch für Drinnen und Draußen ist, sondern auch viele inspirierende Gedanken zum Familienleben allgemein erwähnt, dem lege ich diesen Band wärmstens an Herz.

Das Buch ist nach Monaten aufgeteilt, und zwar nach den Tierkreiszeichen-Monaten (z.B. 21. März bis 19. April). Dies geht auf den französischen Revolutionskalender zurück und war ein kurzlebiges, aber interessantes Projekt, um sich wieder mehr auf die Jahreszeiten zurückzubesinnen. Die Monatsbezeichnungen im Buch sind französischen Ursprungs und klingen in der Übersetzung als Erntemonat, Nebelmonat, Blumenmonat oder Schneemonat viel poetischer als unsere gregorianischen Monatsnamen. Sie unterstreichen das Anliegen des Buches, als Familie wieder mehr im Einklang mit den Jahreszeiten zu leben.


Aktuell befinden wir uns mitten im Winter, wo die Gelegenheiten, sich draußen auszutoben, naturgemäß begrenzter sind als im Sommer. Eltern suchen dann immer nach Beschäftigungsmöglichkeiten für ihre Kinder, nach Ideen und Inspiration für die vielen Stunden, die man in den eigenen vier Wänden verbringt. Dafür bietet das Buch vielerlei Anregungen, z.B. das Basteln eines Eislichtes, das Herstellen von Kräuterseife oder eine Biosphäre im Gurkenglas. Daneben gibt es einladende Rezepte wie die Familien-Friedens-Pizza, ein Entdeckerpicknick oder selbstgemachte Müsliriegel. Diese den Text auflockernden Seiten sind anschaulich und wunderschön bebildert und regen zum Nachmachen an.


Besonders mag ich die teils recht ausführlichen und sehr wertvollen Gedanken und Überlegungen der Autorin zu jedem einzelnen Monat. Wie kann das Familienleben entstresst werden, wie können wir achtsamer und bewusster leben, wie können wir unsere Kinder in den Alltag und unsere Aufgaben einbeziehen, wie können wir Probleme gemeinsam lösen. Es gibt Kapitel namens "Fantasiereisen", "Wir werden Wolkenforscher" und "Sternenwanderung", in denen ein kindgerechter Ansatz für Entdeckungsreisen in der Natur beschrieben wird. Im Feldfruchtmonat geht es um große Entwicklungsschritte von Kindern wie Kitastart und Einschulung, im Keimmonat um das Aufräumen und den Frühjahrsputz. Ihr merkt schon, es handelt sich wirklich um ein ungewöhnliches Buch, das sich in keine Schublade stecken lässt.



Es ist wirklich eine kleine Schatztruhe, auf jeder Seite eröffnen sich neue Inspirationen für einen abwechslungsreichen Familienalltag. Es ist auch völlig undogmatisch: gleich im ersten Kapitel legt die Autorin Wert darauf zu betonen, dass jede Familie unterschiedlich ist und niemals alle Ideen und Vorschläge zu jeder Familie passen. Das finde ich sehr wichtig, denn sonst fühlt man sich von solchen Büchern schnell unter Druck gesetzt. Dieses Gefühl entsteht hier überhaupt nicht. Man kann sich heraussuchen, was zur eigenen Familie oder in der aktuellen Lebensphase passt, man muss es nicht in einem Rutsch "durcharbeiten", sondern holt es einfach hervor, wenn man Inspiration braucht.


Die Autorin schafft es, auf eine leichte Art und Weise vom Stubenhocker-Wetter zum Budenkoller hin zu einer konstruktiven Streitkultur mit einer gewaltfreien Kommunikation nach Marshall B. Rosenberg überzuleiten. Im Kapitel "Nebelmonat" gibt sie nebenbei pädagogische Tipps, z.B. zum Thema Geschwisterstreit, und kombiniert das Monatsthema passenderweise mit dem Rezeptvorschlag "Familien-Friedens-Pizza".


Das Buch ist mit Humor und ohne belehrenden oder bevormundenden Unterton geschrieben. Es macht großen Spaß, durch dieses Werk zu stöbern, sich Anregungen für Beschäftigungen oder einen bewussteren Alltag zu holen. Im Übrigen eignet es sich nicht nur für die eigene Familie, sondern auch wunderbar als Geschenk. Ich empfehle es euch uneingeschränkt!

Die Eckdaten:
Sabine Huth-Rauschenbach: Familienzeit - Entdeckerbuch für glückliche Familien*, Trias Verlag, Oktober 2017, 184 Seiten, ISBN 978-3432103785, € 19,99


Vielen Dank an den Trias Verlag für das Rezensionsexemplar!

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Mittwoch, 10. Januar 2018

Die Kleine und ihre Malheure

Die Kleine ist ein sehr wacher, umtriebiger und wissbegieriger Geist, ein Kind, das viel ausprobiert, alles selber machen will, nicht viel nachdenkt, bevor sie handelt, entdeckungsfreudig ist und sehr viel Initiative zeigt. Grundsätzlich finde ich diese Eigenschaften sehr positiv und habe es sehr genossen, nach dem eher vorsichtigen, zurückhaltenden Großen, der noch nie ein Ausprobierer und Entdecker war und dies bis heute nicht ist, solch ein aktives und neugieriges Kind zu haben. Allerdings bringt ihr draufgängerischer, unvorsichtiger und ausprobierender Charakter so einiges mit sich, das ich vom Großen überhaupt nicht kenne und auf das ich lieber verzichten würde. Sie fegt oft mit einer sagenhaften Unbedarftheit über wertvolle Gegenstände hinweg, hat überall ihre Finger, verlegt und verstellt Dinge und ist ziemlich unberechenbar in ihren Handlungen.

Ich bin oft richtig sauer auf sie, wenn ihr wieder einmal ein Malheur passiert ist oder sie gedankenlos oder absichtlich Sachen beschädigt, besonders wenn es um Dinge geht, die mir etwas bedeuten, Geld kosten oder Mühe gemacht haben. Oder wenn ich durch Unachtsamkeit körperlich geschädigt werde. Ebenso, wenn ihr Missgeschicke wiederholt passieren, vor denen man schon hundertmal gewarnt hat. Sowas kenne ich vom Großen gar nicht. Er ist da vom Typ her wesentlich bedächtiger, überlegter und dadurch auch vorsichtiger. Missgeschicke passieren ihm selten, so typische Kindersachen hat er nie gemacht und wir hatten deutlich weniger Ärgernisse mit ihm, was das angeht. Ich muss auch sagen, dass es im Laufe der letzten Jahre immer mehr geworden ist, was sie auf dem Kerbholz hat. Über manches kann man schmunzeln und sich freuen, auf was für Ideen sie kommt, über anderes ärgert man sich kurz, ohne dass man es als dauerhaft dramatisch empfindet, und einiges macht so wütend, dass man sich lange nicht beruhigen kann.


Ich will mal einige ganz normale Beispiele beschreiben. Es sind Beispiele von Ungeschicktheit, von gedankenlosen Handlungen und von absichtlichem Beschädigen dabei. Ich muss dazu sagen, dass es keine seltenen Vorkommnisse sind, sondern täglich mindestens eines dieser Art unsere Nerven strapaziert. Dass mich das so sehr stresst, liegt einerseits in dem gehäuften Auftreten dieser "Missgeschicke", andererseits aber auch daran, dass ich grundsätzlich ein sehr gewissenhafter, ordnungsliebender und mit- bzw. vorausschauend denkender Mensch bin, für den z.B. Gegenstände einen materiellen UND ideellen Wert haben, der nicht gedankenlos handelt und nicht wie ein Orkan durch seine Umgebung fegt.

Nun aber einige Beispiele, mehr oder weniger dramatisch, mehr oder weniger ärgerlich, und gleichzeitig Geschichten aus unserem Alltag:

1. Der verstellte Wecker
In der Nacht von Sonntag zu Montag klingelte mein Wecker mitten in der Nacht (um 5 Uhr morgens). Unsere normale Weckzeit ist um 6:30 Uhr. Es musste ihn also jemand verstellt haben. Ich wusste auch gleich, wer das gewesen war. In dem Fall war es besonders ärgerlich, weil ich am Vorabend erst um 0:30 Uhr ins Bett gegangen war, weil die Kleine erst gegen 22 Uhr eingeschlafen war und mich vorher nicht aus dem Zimmer ließ, ich aber noch zu tun hatte. Ich hatte also gerade mal 4 Stunden geschlafen und, wenn ich einmal wach bin, dann schlafe ich nicht mehr ein. Sie weiß übrigens, was der Wecker macht und dass man da nichts verstellen soll. Sie hatte auch schon einmal mitbekommen, dass ich fast verschlafen hätte, weil die Batterie leer war und der Wecker nachging. Also es ist nicht so, dass sie die Konsequenzen ihres Tuns noch nicht einschätzen kann. Es war einfach Gedankenlosigkeit und Herumprobieren mit dem Ergebnis der Beeinträchtigung anderer.

2. Die vermisste Hose
Ich suchte zwei Tage lang eine ihrer gefütterten Winterhosen, die zu diesem Zeitpunkt ihre Lieblingshose war. Ich fragte sie, ob sie eine Idee habe, wo diese sein könnte, ich schaute die Fotos durch, wo sie sie zuletzt getragen hatte, ich suchte in der Kita und wollte schon fast den Kita-Mailverteiler bemühen. Ich recherchierte, ob man sie noch bestellen könne (nein) und schaute hinter und unter Sofas, Betten, Heizungen, in den Kleiderschrank des Großen und überall, wo ich sie eben vermutet hätte. Der Mann fand sie dann letzten Endes in der Verkleidungskiste! Ich war froh, dass sie wieder da war, ärgerte mich aber sehr über den Aufwand und vermutete, dass die Kleine das gewusst, aber nicht gesagt hatte.

3. Der verschüttete Kakao
Beim Essen passieren ihr immer irgendwelche Malheure. Sie ist 4 1/2 Jahre alt und sollte eigentlich schon halbwegs zivilisiert essen können. Konnte der Große in dem Alter auch. Sie ist oft so unbedacht und hört auch nicht auf unsere Warnungen. Letztens waren wir im Zoo. Ich sagte noch scherzhaft zum Mann, dass ich keine Wechselklamotten für die Kinder mitnehmen würde. Nach dem Mittagessen bestellten wir einen Kakao, den sich die Kinder teilten. Die Kleine war unruhig wie immer, ich warnte mehrfach vor dem Umfallen des Kakaos und hielt diesen zeitweise sogar fest. Doch dann: 3 Sekunden nicht hingeschaut und sie hatte ihn tatsächlich umgeschüttet. Über meine Hose, auf meinen Pullover. Zum Glück war er nicht mehr heiß, sonst hätte ich mich arg verbrannt. So durfte ich die zweite Hälfte unseres Zoobesuchs mit nassen, klebrigen, nach Kakao riechenden Klamotten absolvieren. Denn für mich hatte ich natürlich auch keine Wechselklamotten mit.

4. Die zerbrochene Spieldose
Weihnachten 2015 werde ich nie vergessen, denn da passierte ihr ein Missgeschick, was für mich wirklich schlimm war. Ich habe viele schöne erzgebirgische Weihnachtsgegenstände, die mir meine Eltern im Laufe der Jahre schenkten. Diese sind sehr teuer und haben neben dem materiellen auch einen ideellen Wert für mich. Am Heiligabend wusste sie nach der Bescherung trotz vieler Geschenke anscheinend nichts mit sich anzufangen und muss sich in einem kurzen unbeobachteten Moment meine erzgebirgische Spieldose gegriffen haben. Der Große hat das nie gemacht und beide Kinder wissen eigentlich, dass sie an die wertvollen Dinge (> 100 €) nicht rangehen sollen. Sie stand auch extra hinten auf dem Schrank. Ich sah noch aus den Augenwinkeln, wie die Spieldose aus der Hand der Kleinen fiel und dann auf dem Boden zerschellte. So sehr gebrüllt wie in diesem Moment habe ich, glaube ich, noch nie zuvor, und brauchte lange, bis ich mich wieder beruhigt hatte. Die Spieldose wurde repariert und funktioniert noch, der alte Zustand konnte jedoch nicht wieder hergestellt werden. Die Kleine war damals erst 2 1 /2 Jahre alt gewesen, aber diese Tat passt zu ihrer Unbedachtheit und ihrem fehlenden Bewusstsein für Werte. Für mich war das wirklich ein dramatisches Vorkommnis.

5. Das im Klo versenkte Handy
Abends dürfen die Kinder eine halbe Stunde mit dem Kinderhandy bzw. -Tablet spielen. Das Kinderhandy funktionierte nicht und keiner wusste warum. Am Vorabend hatte es noch funktioniert. Der Mann öffnete es und stellte fest, dass es innen ganz nass sei. Ich konnte mir das nicht erklären, denn keiner hatte tagsüber damit etwas gemacht. Nach und nach erfuhren wir dann die Wahrheit. Am Vorabend war ich mit den Kindern allein gewesen und hatte sie im Bad bettfertig gemacht. Höchstens 2 Minuten suchte ich die Schlafklamotten der Kinder zusammen und sie waren allein im Bad. Als ich zurückkam, war nichts Verdächtiges zu merken, sie waren ruhig gewesen und mir fiel absolut nichts auf. Normalerweise habe ich eine feine Spürnase für so etwas. Ich brachte sie normal ins Bett und danach kontrollierte das Handy keiner mehr. Als es am nächsten Abend tot war, zogen wir ihnen nach und nach die Details aus der Nase. Die Kleine muss das Handy mit ins Bad genommen haben, wo es ihr ins Klo fiel (ich frage mich, wie). Dann hatte sie es schnell rausgeholt und abgetrocknet. Der Große war dabei gewesen, hatte aber nichts gesagt. Nun war es kaputt. Wir waren echt sauer und schärften ihnen ein, uns unbedingt Bescheid zu sagen, wenn so etwas passiert. Ich konnte es nicht glauben, dass das in der kurzen Zeit meiner Abwesenheit passiert war. Dass die Kleine so etwas "schaffte" und danach keinen Mucks von sich gab. Ob das Angst vor meiner Reaktion oder mangelndes Fehlerbewusstsein war, wird man nicht herausfinden.

Dies waren einige Beispiele für die Missgeschicke der Kleinen. Von den vielen Nasenstübern, die ich von ihr schon bekommen habe (ich war sogar mal beim HNO-Arzt, weil ich befürchtete, sie habe mir die Nase gebrochen), den absichtlich beschmierten Büchern (meinen!) und den vielen vielen in den Dreck gefallenen Dingen ganz zu schweigen. Sie ist einfach ziemlich chaotisch, quirlig und hibbelig. Sie fasst alles an, guckt überall rein, zieht alles raus und will alles allein machen. Dabei passieren dann eben des Öfteren kleine oder größere Malheure.

Nun mag mancher sagen: es ist eben ein Kind und das ist doch normal für Kinder. Welches Kind hat schon Respekt vor den Wertsachen der Eltern oder macht sich Gedanken darüber, dass gewisse Aktionen jemanden anderen ärgerlich machen könnten? Welches Kind hat noch nie ein Getränk umgeschmissen, ein Buch bemalt oder etwas Wertvolles kaputtgemacht? Welches Kind hat noch nie den Eltern Kakao auf die Hose geschüttet, eine Kopfnuss verpasst oder Dinge absichtlich oder unabsichtlich beschädigt? Wohl keins. Aber es ist ein Unterschied, ob so etwas ein Mal pro Woche oder täglich mehrmals trotz Warnungen auftritt. Es ist auch ein Unterschied, ob man selbst eher gleichgültig oder sehr gewissenhaft ist. Und es macht auch was aus, ob man sieht, dass das Kind daraus lernt oder nicht. All das in der Summe trägt dazu bei, dass wir die Missgeschicke der Kleinen, die wir anfangs noch niedlich oder normal empfunden haben, mittlerweile echt fürchten. Nun ist es soweit gekommen, dass wir sie immer mehr einschränken und aufpassen, was sie in ihre Finger kriegt. Ich will das eigentlich nicht, denn sie soll sich ja frei entfalten. Und wie gesagt, generell finde ich ihren Entdeckerdrang ja positiv. Aber die Nebenwirkungen sind enorm und manchmal sehr schmerzhaft. Und wir haben das Gefühl, es nimmt immer mehr zu.

In der Kita als sie übrigens als sehr vor- und umsichtig bekannt. Auf die Schachtel eines neu gekauften Puzzles raufzutreten oder den Einband eines brandneu geschenkten Buches umzuknicken, würde ihr wohl dort nicht im Traum einfallen. Zuhause schon. Mir rollen sich da echt die Fußnägel hoch. Ich muss manchmal sehr an mich halten und oft genug gelingt mir das auch nicht. Ich ermahne sie öfter, als mir lieb ist, und sage Dinge, die ich nie sagen wollte und auch früher nicht musste, denn der Große war nie so. Dafür war er eben auch kein Ausprobierer und Entdecker und oft genug waren wir verzweifelt, weil er sich für nichts zu interessieren schien. Es hat eben alles zwei Seiten und nun lernen wir durch die Kleine geballt die andere Seite der Medaille kennen. Mit so einigen Kollateralschäden;-).

Im Endeffekt sollten wir vielleicht sogar froh sein, dass sie bisher nur ein Mal Wände bekritzelt hat, nie Gardinen zerschnitten und keine Geldscheine entsorgt hat. Wobei, Letzteres weiß man nicht so genau. Im Mülleimer haben wir jedenfalls schon öfter Dinge von uns oder ihr gefunden. Man muss also auf alles gefasst sein. Und das, nachdem wir vom vernünftigen, vorsichtigen Großen so verwöhnt waren! Er gibt uns seinen Müll vorher in die Hand und wir sollen ihn entsorgen. Auch nicht das Gelbe vom Ei. Das Gute dabei ist: hätten wir nur den Großen, würden wir sein Verhalten unserer "guten Erziehung", unserem Vorbild zuschreiben. Die Kleine lehrt uns, dass dem nicht so ist. Charaktere sind, wie sie sind. Das kann sie uns gern immer wieder zeigen, aber bitte ohne meine Erbstücke zu zerdeppern. Bitte!

Freitag, 5. Januar 2018

Unsere Weihnachtsferien ohne Lagerkoller!

Die Weihnachtsferien sind vorbei und der Schul-, Kita- und Arbeitsalltag hat uns wieder. Seid ihr gut ins neue Jahr gekommen? In guter alter Tradition möchte ich wieder gern festhalten, wie unsere Ferien verlaufen sind, was angenehm und was anstrengend war. Hier findet ihr meine Berichte aus den Jahren 2016 + 2015 + 2014 zum Nachlesen.

Ich muss sagen, das waren mit Abstand die Weihnachtsferien mit dem geringsten Lagerkoller im Vergleich zu den letzten Jahren. Das lag zum einen an einer kleinen Reise über die Weihnachtsfeiertage und zum anderen daran, dass ich diesmal für jeden Tag mindestens einen Programmpunkt organisiert oder eingeplant hatte. Während andere Familien nämlich struktur- und planlos durch die Ferientage driften, es sich zuhause gemütlich machen und einfach mal nichts tun, ist das für uns tödlich. Tage ohne Plan enden bei uns fast immer in Lagerkoller, in Streit, in Unzufriedenheit, in Unausgelastetsein. Besonders für mich gibt es nichts Schlimmeres, als einen Tag mit unruhigen, streitenden Kindern nur zuhause zu verbringen, weil beispielsweise das Wetter grottenschlecht ist. Auch die Kleine will raus und was erleben. Der Große ist ein Stubenhocker, aber gerade für solche Kinder finde ich es immens wichtig, dass sie lernen, sich zu überwinden, um ihren Horizont zu erweitern. Das ist für uns zwar immer extrem stressig, weil er jedesmal großes Theater macht, wenn wir raus wollen. Aber Drinbleiben ist für mich definitiv keine Option. Lieber soviel Programm wie möglich.

Die kleine Reise über die Feiertage hatten wir relativ kurzfristig entschieden. Ursprünglich wollte ich am Heiligabend immer zuhause sein, wegen der Kinder und der Geschenke und so. Da ich aber nach den Feiertagen wieder arbeiten ging und es uns davor graute, fast 2 Wochen nur zuhause zu verbringen, buchten wir 5 Tage in unserem vertrauten Ferienpark im Leipziger Neuseenland, über Heiligabend und die Feiertage. Das war eine sehr gute Entscheidung. Wir fuhren gleich am ersten Ferientag (21.12.) los und kamen in einem leeren Ferienpark an. Wir hatten das Schwimmbad und das Kinderhaus nur für uns! Es war paradiesisch! Die Kinder fühlten sich gleich wieder wohl, weil sie alles kennen, und gingen problemlos allein ins Kinderhaus und morgens Brötchen holen. Was wir unternommen haben, beschrieb ich im Wochenende in Bildern. Am Heiligabend kam im Kinderhaus der Weihnachtsmann und es waren auch ein paar mehr Familien da, so dass für Abwechslung gesorgt war.


Am 1. Weihnachtsfeiertag besuchten uns meine Eltern und dann wurde es spannend für uns. Geplant war nämlich, dass beide Kinder erstmals zusammen mit zu meinen Eltern fahren und dort bleiben. Ich war sehr unsicher, ob das mit der Kleinen klappt. Sie hatte noch nie bei ihnen übernachtet und war selbst sehr wankelmütig, was dieses Thema betrifft. Einerseits wollte sie unbedingt, allerdings nur mit dem Großen zusammen, was für meine Eltern sehr anstrengend ist, andererseits ist es immer noch schwer für sie, ohne Mama zu schlafen. Sie schafft es mittlerweile, das hatte sie vor kurzem bei ihrer ersten Kita-Übernachtung gezeigt. Aber es fällt ihr nicht leicht, sich von mir zu trennen, und sie ist unberechenbar in ihren Anwandlungen. Wir hatten es ihr natürlich komplett freigestellt; es wäre nicht nötig gewesen, bei den Großeltern zu übernachten, aber es war für alle eine komfortable Situation zum Ausprobieren, da wir uns noch eine Nacht in der Nähe aufhielten und danach der Mann noch frei hatte, sie also jederzeit abholen konnte.

Und so kam es tatsächlich dazu, dass die Kleine mit 4 1/2 Jahren ihre erste Nacht bei den Großeltern verbrachte und beide Kinder erstmals zwei Tage und Nächte weg waren. Der Große übernachtete, seit er etwas über 3 Jahre alt war, ab und zu allein bei den Großeltern und war schon mehrmals ein paar Tage weg. Die Kleine bisher noch nie und noch nie waren beide Kinder parallel über Nacht abwesend gewesen. Unfassbar und toll, dass es geklappt hat!

Am nächsten Morgen, dem 2. Weihnachtsfeiertag, mussten wir schon wieder einpacken und fuhren kinderlos nach Hause zurück. Wir schauten noch kurz im Garten vorbei und hatten einen ruhigen Nachmittag. Der Mann ging ins Kino und ich genoss die Ruhe zuhause. Am komischsten fühlte es sich an, zwischen 18 und 20 Uhr frei zu haben, denn dies ist seit fast 7 Jahren eine Zeit, wo wir immer gefordert waren. Und dann folgte die für mich erste Nacht, seit ich Kinder habe, die ich ohne Kind in meiner Wohnung verbrachte. Es war wirklich unglaublich - unglaublich, dass es so lange gedauert hatte, unglaublich, dass mir das niemand bisher ermöglicht hatte, und unglaublich, dass es funktionierte! Ich konnte abends auf dem Sofa allein Pizza essen und einen Film schauen. Ich konnte im Bett lesen. Und ich konnte am nächsten Morgen in Ruhe frühstücken und ausgeglichen zur Arbeit fahren. Es war wirklich paradiesisch, nach fast 7 Jahren!


Die Tage "zwischen den Jahren" war ich arbeiten und der Mann hatte Urlaub. Am 27. holte er die Kinder wieder auf halber Strecke von meinen Eltern ab und abends waren alle wieder zusammen. Am nächsten Tag holten sie mich von der Arbeit ab und wir trafen eine befreundete Familie, die im Sommer ins Ausland gegangen und nun über Weihnachten bei der Familie zu Besuch war. Es war schön, sie wiederzusehen. Am Freitag hatten wir einen Freund des Großen vormittags zu uns eingeladen. Nach meiner Arbeit trafen wir uns in der Stadt und besuchten zum letzten Mal in diesem Jahr einen Weihnachtsmarkt. Für den Samstag hatte ich Tickets für den Berliner Weihnachtscircus gekauft, am Sonntag (Silvester) besuchten wir nachmittags eine befreundete Familie und am Neujahrstag ebenfalls (eine andere). Von dort nahmen wir deren Sohn, den besten Freund des Großen, mit, er übernachtete bei uns, weil die beiden Schulkinder und der Mann am 2. Januar noch frei hatten. Die Kleine und ich dagegen machten uns morgens auf den Weg in die Kita und auf die Arbeit, für uns waren die Ferien vorbei. Und am 3. Januar hieß es auch für den Großen und den Mann wieder: back to Alltag.

Insgesamt empfand ich die Weihnachtsferien als sehr entspannt, abwechslungsreich und angenehm gefüllt. Über die kleine Reise war ich sehr froh, da wir durch sie die zuhause oft zähen Weihnachtstage vermieden. Es war tatsächlich schöner und festlicher in dem Ferienpark als zuhause. Wir haben die Großeltern an einem Tag gesehen, lecker gegessen und tolle Ausflüge unternommen. Wir hatten sogar ein wenig Freizeit, wenn die Kinder im Spielhaus waren, was zuhause ja nicht der Fall ist. Und wir hatten als Abschluss die 2 Tage ohne Kinder, einen entspannten Abreisetag und einen ruhigen Arbeitsstart für mich.

In den restlichen Tagen zuhause kam keine Langeweile, kein Lagerkoller auf. Jeden Tag mindestens ein Programmpunkt ist für uns sehr wichtig, um die Zeit zu strukturieren. Ich bin kein Mensch, der in den Tag hineinleben kann (höchstens, wenn ich allein bin) und auch für die Kinder ist eine gewisse Struktur wichtig. Außerdem ist es ja viel schöner, zu wissen, was täglich ansteht und sich auf etwas freuen und hinterher davon erzählen zu können. Ich glaube, soviel wie diesmal haben wir noch nie in den Weihnachtsferien unternommen. Und trotzdem waren die Kinder hinterher deutlich erholt und selbst ich, die ich arbeiten war, fühlte mich kraftvoll und gut gelaunt.

Es gab keine Katastrophen wie zerbrochene Erbstücke, keine Krankheiten (im Vorjahr hatte die Kleine am Heiligabend Magen-Darm) oder Nervenzusammenbrüche wie in unserem Herbsturlaub auf Mallorca. Für mich war das Arbeiten gar nicht schlecht, so hatte ich ein wenig Abstand und Pause von den Kindern. Auch dies ist für mich sehr wichtig bei so einer langen Zeit zusammen. Wir hatten Außenkontakte, was sonst in den Weihnachtsferien immer schwierig war, weil alle Freunde bei ihren Familien feierten. Und wir haben uns auch ab und zu aufgeteilt, was bei uns ja immer besser funktioniert als das Familien-Konstrukt. Alles in allem war es eine angenehme Zeit, nach der ich überhaupt nicht unwillig und unerholt am 2. Januar wieder in den Alltag des neuen Jahres startete. So könnte es jedes Jahr sein!

Was lernen wir daraus? Uns täglich etwas vorzunehmen und eine Unternehmung einzuplanen, ist gerade im Winter sehr wichtig. Nicht nur zu viert zusammenzuhocken, sondern sich entweder aufzuteilen oder durch Treffen (die aber nicht nur von uns abhängig sind) für etwas Abwechslung zu sorgen, so dass der Fokus der Kinder nicht immer nur auf den Eltern liegt (und umgekehrt). Krankheiten sind natürlich unplanbar, aber diesmal hatten wir Glück. Sicher gab es auch genug Streit, Zickereien, Konflikte, Geschrei und Ärger. Aber die schönen Momente außerhalb unseres Eltern-Kinder-Kosmos' überwogen diesmal. Das Gefühl des Zuhause-Eingesperrtseins mit den Kindern fehlte völlig, was ich oft im Winter habe. Ich denke an diese Weihnachtsferien mit einem durchweg positiven Gefühl zurück. Und das ist zur Abwechslung auch mal ganz nett!