Mittwoch, 29. April 2015

Laufen mit Geschwisterkindern?

Die Kitaerzieherin der Kleinen sprach meinen Mann heute morgen beim Abgeben an und bat uns, die Kleine doch mehr zum Laufen zu animieren, da die Gruppe jetzt ab und zu Spaziergänge unternimmt und die Kleine dann schnell quengelig wird und nicht mehr laufen will. Dass sie ähnlich wie der Große eher lauffaul ist, ist uns bekannt. Wir bedauern das auch, bin doch gerade ich ein Viel-und-Gern-Läufer. Allerdings weiß ich auch nach ganztägigem Nachdenken nicht so richtig, wie ich es bewerkstelligen soll, sie mehr zum Laufen zu motivieren.

Der Große fährt seit 2 Jahren Laufrad und seit kurzem auch Fahrrad. Nachmittags bringe ich ihm immer sein Laufrad mit und er fährt von der Kita zum Spielplatz, durch den Park und nach Hause. Darüber bin ich unendlich froh, weil er mit uns auch keine langen Strecken läuft. Ich habe ihn immer ermutigt, Laufrad zu fahren und bin seinerzeit auch hochschwanger hinter ihm hergerannt. Ich finde es sehr positiv, dass er und wir einen guten Weg gefunden haben, längere Strecken zu schaffen (der direkte Weg von der Kita nach Hause ist ca. 1 km lang). Auf das Buggyboard, das für den Notfall immer noch am Kinderwagen ist, versuche ich ihn nur zu lassen, wenn er wirklich nicht mehr kann.

Die Kleine sitzt im Kinderwagen. Wenn sie manchmal läuft, dann unendlich langsam, mit vielen Pausen und baldigem Genörgel. Bin ich allein mit ihr unterwegs, ist das kein Problem. Dann lasse ich sie laufen, balanciere mit ihr und spiele Verstecken, um sie weiterzulotsen. Ist der Große auf dem Laufrad dabei, geht das aber nicht. Er müsste dann ständig stehenbleiben und warten, was ihm wiederum die Lust am Fahren vergällen würde. Das möchte ich auf keinen Fall, bin ich doch sehr zufrieden und dankbar über unsere derzeitige stabile Fortbewegungssituation.

Mit beiden Kindern an der Hand oder am Kinderwagen zu laufen, ist indiskutabel. Es funktioniert einfach nicht. Ich kann die Kleine nicht oft herausnehmen, dann verlieren wir alle die Lust und kommen überhaupt nicht voran. Mit ihr allein unterwegs bin ich sehr selten. Sie läuft aber täglich im Kitagarten vor- und nachmittags mindestens 1 Stunde durch die Gegend und ist überhaupt kein Kind, das unbeweglich im Sandkasten sitzt. Auch nachmittags auf dem Spielplatz läuft sie 2 Stunden hin und her, hüpft, klettert etc. In unserem eigenen Garten läuft sie meist auch ziemlich ausdauernd die kleinen Abschnitte lang. Aber geradlinige, eintönige Strecken (Fußwege) verabscheuen beide Kinder.

Nun war es beim Großen so, dass er zwar bei uns extrem lauffaul ist und oft sagt, dass er keine Kraft hat, aber in der Kita gehörte er bei Spaziergängen immer zur vordersten Riege. Dies spiegelt seinen Charakter wider, der sich enorm anpasst, wenn es sein muss, und der glänzen will. Die Kleine ist anders: wenn sie etwas doof findet, dann findet sie es zuhause doof und in der Kita auch. Sie sagt auch gern mal immer wieder "Nein!" zu ihrer Erzieherin, wenn  ihr was nicht passt. Deswegen verhält sie sich, so glaube ich, in der Kita ähnlich wie zuhause, im Gegensatz zum Großen. Und deshalb will sie eben auch nicht laufen, wenn sie keine Lust mehr hat. Wie zuhause. Dies finde ich prinzipiell gut und man merkt auch, dass sie entspannter als der Große nach der Kita ist, weil sie sich eben nicht so enorm anpasst und damit anstrengt.

Aber wie kann ich diese vielen Aspekte nun in Einklang bringen? Unsere Fortbewegungssituation ist zur Zeit optimal. Es gibt Kinder, die laufen gern und viel, und es gibt andere, die dies nicht tun. Dass sie weiß, was sie will und nicht will, finde ich grundsätzlich auch in der Kita gut. Trotzdem verstehe ich die Kita. Sie läuft seit einem Jahr und gehört zu den Älteren, die im August in die nächstgrößere Gruppe wechseln. Der Bollerwagen ist für die jüngsten Kinder bestimmt. Meist hält sich die Kita eh' im Garten auf, d.h. Ausflüge sind noch selten. Trotzdem sollten die älteren Kinder laufen.

Tendenziell lässt man die jüngeren Geschwister vielleicht doch zu lange im Wagen sitzen, weil es eben praktischerweise nicht anders geht. Ich habe keine Idee, wie ich die Bitte der Kita umsetzen soll. Weiß auch nicht, ob es wirklich gerechtfertigt ist, mir für einige wenige Kita-Spaziergänge, wo immer mehrere Erzieherinnen und Bollerwagen dabei sind, eventuell einen täglichen Nachmittagsstress anzutun und den Großen mit einer im Schneckentempo schleichenden, immer wieder stehenbleibenden und letzten Endes doch quengelnden Kleinen zu verärgern. Aus nachvollziehbaren Gründen ist mir ein zufriedener Gemütszustand des Großen am Nachmittag, wo ich allein mit den Kindern bin, wichtiger als dass die Kleine ein paar Schrittchen läuft.

Habt ihr Ideen, was ich machen könnte und ob ich überhaupt etwas ändern sollte? Sie wird übrigens nächste Woche zu ihrem 2. Geburtstag das kleinste Laufrad bekommen und ich bin gespannt, wie sie damit klarkommt. Vielleicht habe ich ja bald zwei laufradfahrende Kinder zu koordinieren? Das wird auch nicht einfacher;)

(c) Frühlingskindermama

Sonntag, 26. April 2015

Die Autonomiephase meiner beiden Kinder im Vergleich - Zwischenstand

Dass meine Kinder in vielen Aspekten sehr unterschiedlich sind, dürfte meinen Lesern bekannt sein. Einer der Bereiche, wo sich das am deutlichsten zeigt, ist die sogenannte Trotzphase, in der sich die Kleine jetzt altersmäßig befindet. Ich verwende lieber den Begriff Autonomiephase, da dieser den Prozess der beginnenden Ablösung von den Eltern widerspiegelt, die im 2. Lebensjahr beginnt und bis ins 4. Lebensjahr anhält.

Die Kleine ist jetzt fast 2 Jahre alt und man merkt durchaus, dass sie sich in ihrer Autonomiephase befindet. Trotzdem ist diese bei ihr so dermaßen verschieden davon, wie wir sie mit dem Großen durchlebt haben, dass ich darüber mal einige Gedanken niederschreiben muss. Das ist ausdrücklich ein Zwischenstandsbericht und mir ist bewusst, dass es sich durchaus noch verschärfen kann.

Die Autonomiephase des Großen begann deutlich sichtbar und heftig schon mit 1 1/4 Jahren. Das erschien mir damals sehr früh und ich zweifelte erst, ob es wirklich schon soweit war. Aber das Wüten, Hinwerfen und Rumwälzen war eindeutig. Er konnte zu diesem Zeitpunkt gerade mal ein paar wenige Wörter artikulieren, was es für ihn und für uns besonders schwer machte, zu verstehen, was er wollte. Da er schon immer sehr heftig in seinen Reaktionen war, fiel seine Autonomiephase seinem Charakter entsprechend ebenso heftig aus. Zwar hatten wir keinen direkten Vergleich, aber wir empfanden das trotzdem so. Hätte ich zu diesem Zeitpunkt schon gewusst, dass er (nach meiner jetzigen Einschätzung) hochsensibel und autonom ist, wäre ich wahrscheinlich etwas anders an die vielen kraftraubenden Vorkommnisse in dieser Zeit herangegangen. So aber traf es uns mit voller Wucht, vergleichbar mit der Situation nach seiner Geburt.

Ich erinnere mich an unzählige Situationen, in denen ich bzw. wir rat- und hilflos einem wütenden, tobenden Kind gegenüberstanden, das sich weder durch Reden, Zuwendung, Trost noch durch Konsequenz noch durch Bestechung, Ablenkung, Manipulation wieder aus seinem Kampf mit sich selbst zurückholen ließ. Die Anlässe für seine Wut habe ich erst nach und nach durchschaut, was aber nicht viel zur Linderung beitrug, da man ihn überhaupt nicht auffangen konnte. Es war sozusagen die Wiederholung der Schreibaby-Zeit, in der so gut wie nichts, was wir versuchten, zur Besserung seiner Schwierigkeiten beitragen konnte. Die ersten heftigen Wutanfälle, an die ich mich erinnere, fanden jeden Nachmittag direkt nach dem Abholen aus seiner ersten Kita statt. Er war ca. 15 Monate alt. Nach wenigen Metern schmiss er sich auf den Boden, brüllte aus Leibeskräften und wand sich mit einer Körperspannung, der ich kaum standhalten konnte. Es dauerte einige Zeit, bis ich begriffen hatte, dass er wahrscheinlich direkt nach der Kita (in der er sich nicht wohlfühlte) stillen und Mama tanken wollte. Da dies weder in der beengten Garderobe der Kita noch mitten auf dem Bürgersteig möglich war und ich auch ehrlich gesagt dafür nach Hause gehen wollte, musste ich täglich ein tobendes und sich windendes Kind auf dem Arm nach Hause tragen. Zuhause nach dem Stillen beruhigte er sich meist, brauchte aber immer ca. 1 Stunde, bis er wieder auf "Normalzustand" zurück war. Dass ich mich vor den Abholsituationen fürchtete, anstatt mich auf mein Kind zu freuen, ist sicher nachvollziehbar.

Es gab schlimme Wutanfälle vor allem beim Anziehen, was bis heute problematisch mit ihm ist, beim Haarewaschen, beim Zähneputzen, bei Verständnisschwierigkeiten, bei vielen aus unserer Perspektive "kleineren" Missverständnissen und nicht angemessenen Reaktionen unsererseits. Ganz grausam waren weiterhin seine Reaktionen nach dem für ihn anstrengenden, weil angepassten, Kitatag. Ich hasste es, ihn abzuholen. Er tobte, wütete trotz all unserer Bemühungen und war oft völlig außer sich. Nach und nach kam noch die körperliche Aggressivität dazu, die sich auch gegen ihn selbst richten konnte (Auto-Aggression). Das waren für mich eigentlich die schlimmsten Situationen, in denen er niemanden an sich heranließ und ich ihn nur anschreien konnte, damit er aufhörte, sich selbst weh zu tun. Das war das einzige Mittel, was ihn in den Auto-Aggressionssituationen innehalten ließ. In allen anderen Momenten versuchten wir natürlich alles mögliche, um ihn aus dem Außer-Sich-Sein zurückzuholen. Es war fast unmöglich. Er verweigerte sich all unseren Versuchen und unsere Angebote waren uninteressant und inakzeptabel. Sämtliche Vorschläge von Freunden und Familie, wie wir es doch anders machen könnten, waren nicht umsetzbar, erfolglos oder gegen meine Überzeugung. Ich fing an, mich ins Thema einzulesen, und eines der Bücher, die mir tatsächlich praktisch weiterhalfen, war Das glücklichste Kleinkind der Welt von Harvey Karp. In Kurzform wird hier beschrieben, worum es geht und wie man mit seinem "trotzenden" Kind umgehen soll. Obwohl ich die Methode nicht bis ins letzte Detail anwandte, half sie mir doch durch einige schwierige Situationen hindurch und prägte meine Vorgehensweise, in solchen Momenten zuerst einmal die Gefühle des Kindes zu spiegeln. Das mache ich bis heute in Schmerz-, Wut- und Trotzsituationen, und es hilft tatsächlich.

Genauso wie als Baby brauchte er unheimlich lange, bis er sich wieder beruhigt hatte. Ich gewöhnte mir also an, potentielle Wutauslöser zu meiden bzw. im Ansatz zu "ersticken", damit er sich gar nicht erst hineinsteigerte. Dafür habe ich viel Unverständnis kassiert, aber bin weiter diesen Weg gegangen, der sich als richtig für den Großen erwiesen hat. Die Methode der Ablenkung funktionierte nur ab und zu, wenn man sie ganz am Anfang anwandte, bevor er in seiner Spirale gefangen war. Nach heftigen Wutanfällen waren alle Beteiligten völlig ausgelaugt und niedergeschlagen und es bedeutete einen enormen Kraftaufwand, sich wieder normal auf den Großen einzulassen. Da ich mir geschworen hatte, meine Kinder immer auch in ihren negativen Emotionen aufzufangen, stehen mir die wenigen Momente, wo ich dies wegen völliger Erschöpfung nicht getan habe, bis heute deutlich vor Augen, und ich empfinde große Reue darüber. Es waren nur wenige Situationen, wo ich den Großen zu lange allein mit seinem Schmerz und seiner Wut gelassen habe und ich habe ihn danach auch wieder aufgefangen, aber schon diese Verzögerung in meinem Verhalten tut mir sehr leid, auch wenn ich mangels Kraft damals nicht anders konnte. Andererseits war ich auch sehr oft die Einzige, die ihn überhaupt aufgefangen hat. Niemals hat es bei mir das verbreitete "Ins-Zimmer-Schicken" gegeben, niemals habe ich die Emotionen des Kindes als weniger bedeutend als meine angesehen, niemals habe ich die Taktik des "Ausbocken-Lassens" verfolgt (abgesehen davon hätte sie auch nicht funktioniert). Ich bin immer wieder auf ihn zu gegangen, denn von allein kam er nie. Sein Stolz, seine Würde, seine Integrität hinderten ihn daran, das zu machen, was die meisten anderen Kinder wie selbstverständlich tun. Er hat es uns sehr schwer gemacht und ich habe es mir auch nicht leicht gemacht. Es war sehr hart und kräftezehrend, aber ich denke, es hat sich gelohnt.

Er war eigentlich überhaupt kein Hau-, Spuck-, Beiß- oder Tretkind, weder uns gegenüber noch bei anderen. Mich hat er sehr selten attackiert, meinen Mann schon eher, weil dieser auch tendenziell weniger Verständnis für ihn hatte. Er hat aber heftigst randaliert und seine emotionale Verzweiflung war grausam anzusehen. Mit ca. 3 Jahren kamen verstärkt verbale Aggressionen dazu und es gab eine kurze Phase, die aus ständigem "Du Popel", "Böse Mama/Papa", "Kackekackekacke" bestand. Das war zwar sehr unschön, aber ich habe das damals schon als Weiterentwicklung und Umwandlung seiner körperlichen Aggressivität in verbale Bahnen gesehen und insofern als tendenziell positiv empfunden.

Seine Autonomiephase endete, als er ca. 3 1/2 Jahre alt, nachdem er vorher noch einmal zur Höchstform aufgelaufen war. Danach wurden die Wutanfälle immer weniger und vor allem, weniger heftig und kräftezehrend, und zum jetzigen Zeitpunkt ist es sehr selten geworden, dass er richtig austickt. Die schlimmste Zeit im Rückblick war ca. von 2 1/2 bis 3 1/4 Jahre. Kurz davor wurde seine Schwester geboren, was sicherlich auch noch einige für ihn schwierige Emotionen mit sich brachte. Heute kann er sich verbal so gut ausdrücken, dass man sehr oft einen Weg findet, um die Situation ohne Eskalation aufzulösen, und ich denke, er hat auch gemerkt und verinnerlicht, dass seine Bedürfnisse anerkannt und wenn möglich erfüllt werden. Er verwendet heute so gut wie keine Schimpfwörter, weder zu uns noch zu anderen, was mir fast täglich auf dem Spielplatz im Vergleich zu anderen Kindern absolut positiv auffällt.

Doch nun zur Kleinen und den Unterschieden in ihrem Verhalten. Sie ist ja grundsätzlich ein sehr körperbetontes, anschmiegsames, tröstbereites und leicht zu beruhigendes Kind. Diese Eigenschaften sowie eine grundlegende Zufriedenheit in ihrem Wesen machen ihre Autonomiephase bisher fast zu einem Spaziergang, verglichen mit der des Großen. Sie kriegt ab und an Wutanfälle, wo sie sich auf dem Boden wälzt und brüllt (letztens erst wieder im Supermarkt), aber im Großen und Ganzen lässt sie sich leichter ablenken, besser und schneller beruhigen und gerät selten so sehr außer sich wie der Große. Sie ist auch schon verständiger in ihrem Denken und ich habe das Gefühl, dass sie vieles versteht, was man ihr erklärt, woraus resultiert, dass sie weniger wütend ist, wenn man sie mal reglementiert. Deshalb sind auch unsere Emotionen ihr gegenüber andere. Mein Mann sagte letztens, wenn sie wütend ist, empfindet man Bedauern und Mitleid und den Wunsch zu trösten. Beim Großen dagegen wuchsen die eigenen Aggressionen und es erschöpfte einen so unglaublich.

Sie kann sich auch sprachlich nicht nur besser, sondern auch aktiver ausdrücken als der Große im gleichen Alter, was es ihr leichter macht, zu verbalisieren, was sie möchte. Dadurch gerät man nicht so schnell in den Kreislauf der Missverständnisse. Sie beharrt auch bei Nichtverstehen lange auf Wiederholungen, so dass man eine bessere Chance hat, sie vielleicht doch noch zu verstehen. Der Große hat da immer sofort dicht gemacht. Sie ist auch überhaupt nicht nachtragend und kommt im Unterschied zum Großen nach einer kurzen Zeit von selbst wieder zu uns, wenn sie nicht sofort aufgefangen wird.

Interessant ist, dass die Kleine, selbst wenn sie auf mich sauer ist, trotzdem von mir getröstet und getragen werden will. Der Papa hat da in den meisten Fällen keine Chance. Das war beim Großen anders: er ist dann, wenn er sich wieder öffnen konnte, zu dem jeweils anderen Elternteil gegangen, über den er sich nicht geärgert hatte. Allerdings kommt er auch, nachdem der Papa ihn getröstet hat, oft noch danach zu mir als letzter Tröstinstanz. Generell kriegt man die Kleine relativ leicht wieder in die Spur und fühlt sich selten so völlig hilflos wie jedesmal beim Großen. Ihre Reaktionen sind viel weniger heftig und die nachfolgende Versöhnung durch Kuscheln lässt vieles wieder vergessen. Da der Große überhaupt kein Kuschelkind war, blieb ihm und uns das verwehrt. Für ihn war das Getragen-Werden immer das Kuscheln, und bis heute gibt man ihm am besten dadurch Geborgenheit und Halt, indem man ihn (18 kg) trägt.

Ich bin gespannt, wie sich die Autonomiephase der Kleinen noch weiter entwickeln wird. Die Unterschiede sind deutlich zu erkennen und nicht auf unsere gesteigerte Erfahrung oder Gelassenheit, sondern auf ihre andere Wesensart zurückzuführen. Wenn so wie bei der Kleinen die Autonomiephasen der meisten anderen Kinder ablaufen, dann können sich Eltern, die nur dies erlebt haben, nicht im Ansatz vorstellen, was wir durchhaben. Lustig ist, dass einige unserer befreundeten Eltern von anderen 4-jährigen Kindern klagen, dass in letzter Zeit häufige Wutanfälle an der Tagesordnung sind. Ich kann dann immer entgegnen, dass es bei unserem 4-Jährigen vorbei ist. Mal sehen, ob die Kleine sich noch einmal steigert oder ob es diesmal eher glimpflich verläuft. Vorbereitet sind wir ja mittlerweile auf alles;)

Wie war die Autonomiephase bei euren Kindern, vor allem wie unterschiedlich bei Geschwisterkindern?

Dieser Text wurde nachträglich bei der Blogparade zur Autonomiephase bei Glucke und So verlinkt.

Mittwoch, 22. April 2015

Störenfriede in der Kita

Heute kam ich in den Garten der Kita, um meine Kinder abzuholen, und da saßen beide nebeneinander auf dem Boden, ihnen gegenüber hockten die beiden Störenfriede aus der Gruppe des Großen und der Große weinte. Die Kleine fing dann auch an, als sie mich sah. Ich nahm die beiden erstmal in den Arm und tröstete sie ausgiebig, fragte den Großen auch immer wieder, was passiert sei. Er sagte, der eine der beiden hätte ihn gehauen. Ich weiß natürlich nicht, was dem vorausging; da aber die beiden Jungs schon dafür bekannt sind, andere Kinder permanent und grundlos zu ärgern, der Große mir das auch schon mehrfach berichtet hatte und er seinerseits kein Kind ist, welches andere Kinder irgendwie provoziert oder piesackt, gehe ich mal von einem grundlosen Hauen aus. Eine ähnliche Situation hatte ich selbst schon einmal im Kitagarten beobachtet. Normalerweise ist einer der beiden der Ärgere, diesmal war es aber wohl der Andere.

Ich war ziemlich wütend, weil dem schon mehrere Gespräche mit dem Großen, in denen wir ihm Strategien nahelegten, wie er diesen Jungs begegnen soll, sowie Gespräche mit seiner Erzieherin, der das Problem bekannt ist, vorausgegangen waren. Der Große verliert über kein anderes Kind aus seiner Gruppe auch nur ein einziges negatives Wort; nur diese beiden waren in letzter Zeit immer wieder Thema. Wir haben ihm eingetrichtert, wie er sich in solchen Situationen verhalten soll, und trotzdem hockte er wie ein Kaninchen vor der Schlange vor den Jungs, die ihn ärgerten. Seine Erzieherin war nicht in der Nähe. Ich faltete erstmal vor lauter Wut die beiden kleinen Peiniger. Da geht mir echt die Hutschnur hoch, wenn zwei einen Kopf kleinere (gleichaltrige) Jungs meinen Sohn (und andere Kinder) immer wieder piesacken. Sie waren auch ganz perplex.

Dann gingen wir zu seiner Erzieherin. Sie sah mir schon an, dass irgendwas vorgefallen war. Ich schilderte ihr die Situation und sie versprach mir sofort, das Thema morgen beim Morgenkreis noch einmal anzusprechen (wurde wohl schon problematisiert). Sie sagte, es ist ihr bewusst und sie will in Zukunft noch stärker darauf achten, den Störenfrieden Einhalt zu gebieten und die zurückhaltenden Kinder dabei zu unterstützen, Verhaltensstrategien zu entwickeln. Als ich die Kita verließ, sah ich, wie sie mit der Mutter des einen der beiden Jungen sprach. Danach winkte sie mich aus dem Garten noch einmal zu sich und berichtete mir, dass sie die Mutter auch gebeten habe, sich ihren Sohn zur Brust zu nehmen und ihr gesagt hat, dass das Problem morgen in der Kita angesprochen wird. Das fand ich sehr nett und prompt reagiert.

Nun bin ich gespannt, wie es weitergeht. Wir haben den Großen beim Abendbrot wieder einmal gebrieft, wie er sich verhalten soll, wenn ihn jemand ärgert. Er soll deutlich machen, dass sie mit ihren Attacken aufhören sollen, und dann soll er seinerseits die Situation verlassen (entweder woanders hin oder zu einer Erzieherin gehen). Er will das auch morgen im Morgenkreis deutlich sagen. Ich hoffe nur, dass seine Erzieherin ihn und die anderen betroffenen Kinder auch entsprechend unterstützt und beschützt. Er ist eben kein Charakter, der sich laut wehrt (außer zuhause) oder in die Offensive geht. Trotzdem muss er dies Schritt für Schritt lernen. Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie sehr es einen ängstigt, wenn man einem oder mehreren Peinigern scheinbar hilflos ausgeliefert ist. Das will ich ihm in der Kita weiß Gott noch ersparen.

Was macht ihr in solchen Fällen? Oder wie gehen die Erzieherinnen unter meinen Lesern mit solchen Vorkommnissen um?

Ergänzung vom 23. April 2015:
Als ich heute kam, saß der Große mit seinen besten Freunden und der Kleinen zusammen und seine Erzieherin war direkt daneben. Sie bat mich gleich zum Gespräch. Sie hatte gestern auch noch mit der anderen Mutter gesprochen, und beide Mütter zeigten sich sehr überrascht und peinlich berührt wegen des Verhaltens ihrer Kinder. Anscheinend hatten sie das wirklich nicht mitbekommen. Beide Mütter haben gestern abend mit ihren Kindern gesprochen. Heute wurde das Problem im Morgenkreis thematisiert, und es wurden die Regeln für's Sozialverhalten rekapituliert. Am Ende versprachen die beiden Jungs, mit dem Ärgern aufzuhören und eine Versöhnung (Umarmung) fand statt. Der Große war sichtlich erleichtert, berichtete seine Erzieherin. Sie nahm ihn und einen der beiden Ärgerer auch zu einer kleinen "Einzelaktion" kurz aus der Gruppe heraus, die harmonisch verlief. Sie briefte die anderen ErzieherInnen, zukünftig verstärkt auf solche Situationen zu achten. In den nächsten 2 Wochen wird sie im Urlaub sein, d.h. die anderen müssen auch Verantwortung übernehmen. Außerdem sprach sie von selbst an, dass bei der in ca. 6 Wochen anstehenden ersten Kitareise sensibel darauf geachtet werden wird. Ich war erstmal sehr zufrieden mit den Bemühungen der Erzieherin und dankte ihr sehr, betonte aber auch nochmal, dass es nicht nur meinen Sohn betroffen hatte. Der Große erzählte am Nachmittag und Abend immer wieder, wie toll er sich mit den beiden wieder vertragen habe. Nun werden wir sehen, wie es weitergeht. Ich finde es sehr gut, dass reagiert worden ist. Je früher man ansetzt, umso besser kann man vielleicht noch Einfluss nehmen.

Samstag, 18. April 2015

Auf der Wochenstation mit dem Großen im März 2011

Ich hatte ja im Geburtsbericht des Großen schon angedeutet, dass die Krankenhaus- und Wochenbettzeit mit ihm die als traumatisch empfundene Geburt am Sonntag, 6. März 2011 noch übertraf. Ich wurde nach einem Kreislaufzusammenbruch noch im Kreißsaal dann gegen 20 Uhr auf die Wochenstation geschoben und kam statt ins bestellte Familienzimmer in ein Zwei-Bett-Zimmer mit einer fremden Frau und ihrem Baby. Mein Mann musste kurz danach allein nach Hause fahren, statt die erste Nacht mit seiner kleinen Familie zu verbringen. Es war alles anders geplant und trug so nicht zur Beruhigung der ganzen mich völlig durcheinanderbringenden Situation bei. Ehrlich gesagt wäre es mir am liebsten gewesen, wenn die Schwestern mein Baby ins Säuglingszimmer mitgenommen hätten. Ich wollte eigentlich nur meine Ruhe, mich erholen und zu mir kommen.

Nach der unruhigen ersten Nacht (siehe Geburtsbericht) kam mein Mann am nächsten Morgen (Montag) wieder. Mein Kreislauf war immer noch am Boden und ich war wahnsinnig schwach. Da ich nicht aufstehen konnte, hatten die Schwestern mich mit Frühstück versorgt. Ich merkte schon, dass ich mich kaum bewegen konnte, der gesamte Schulter-Nacken-Kopfbereich schmerzte entsetzlich und ich konnte den Kopf nicht drehen. Ich hatte mich in der Nacht beim ungewohnten Stillen im Liegen total verspannt und kaum gewagt, mich neben dem Baby zu bewegen. Bei der Visite schilderte ich meine Schmerzen und brach in Tränen aus. Daraufhin wurde festgestellt, dass ich noch einen dünnen Schlauch von der PDA im Rücken hatte, was ich selbst nicht gemerkt hatte. Man wird ja nach der Geburt nicht mehr untersucht! Ich sollte dann Voltaren-Tabletten nehmen, die aber keine merkliche Verbesserung brachten. Daneben "durfte" ich noch Eisentabletten schlucken, da mein Eisenwert viel zu niedrig war (und sich sehr lange nicht mehr erholte). Ich fühlte mich so ausgelaugt wie noch nie in meinem ganzen Leben. Und völlig durcheinander.

Gegen Mittag konnten wir dann endlich unser Familienzimmer beziehen. Wir atmeten auf und fühlten uns erstmal etwas wohler in unserem eigenen Reich. Da mein Mann nun greifbar war, wurde er von den Schwestern in die Babypflege, das Wickeln und Baden eingeweiht. So kam es, dass ich kein Mekonium meines Babys gesehen habe, weil die ersten Tage nur mein Mann gewickelt hat. Auch zu den Untersuchungen des Babys ging er mit. Ich konnte kaum aufstehen und fühlte mich hundselend. Die Schulter-Nacken-Kopfschmerzen kamen anfallsartig; in den schlimmsten Phasen war ich wie gelähmt und konnte mich nicht bewegen. Ich saß die meiste Zeit halb aufrecht im Bett, da ich nicht im Liegen stillen konnte, und hatte mein Baby auf Kissen an oder auf mir, da er beim Stillen immer kurz einschlummerte, dann etwas schlief, wieder nuckelte, wieder schlief usw. Er hatte aber auch schon Schreiphasen, wo mein Mann ihn dann viel herumtrug. Er ließ sich von Anfang an so gut wie nicht ablegen und ich habe keine Erinnerung daran, dass ich jemals mein friedlich schlummerndes Baby im Bettchen glücklich betrachtet hätte, so wie man es sich eben vorgestellt hat. Ich kann mich auch nicht erinnern, dass er mal eine nennenswert längere Zeit am Stück geschlafen hat.

Ständig kam jemand herein, bedingt durch meine schlechte Verfassung noch häufiger als normal, so dass wir überhaupt nicht zur Ruhe kamen. Noch mehrfach musste ich in den nächsten Tagen an den Tropf, da der Kreislauf immer wieder absackte. Die Schmerzen wurden nicht besser, die Ärzte waren ratlos und ordneten Untersuchungen in den verschiedenen Abteilungen des Krankenhauses an. Am Dienstag wurde eine Echokardiografie (Herzultraschall) gemacht, die keine Auffälligkeiten erbrachte. Am Mittwoch wurde ich zum CT geschoben und das Unheil nahm seinen Lauf. Ich bekam eine Kontrastflüssigkeit gespritzt und frage extra noch nach, ob ich dann problemlos weiter stillen könne. Bei frischentbundenen Müttern sollte es eigentlich selbstverständlich sein, ein stillkompatibles Kontrastmittel zu verwenden. Ich verließ mich auf die erhaltene Bestätigung - und fiel aus allen Wolken, als ich später erfuhr, dass dem leider nicht so gewesen sei und ich nun 48 Stunden nicht stillen dürfe, sondern abpumpen, die Milch wegschütten und mein Baby mit einer Spritze mit Prenahrung füttern müsse. Damit brach die Welt für mich endgültig zusammen, und ich beklagte mich bitter bei den Schwestern. Der Gebrauch einer Milchpumpe wurde mir gezeigt, mein Mann musste das Füttern mit der Spritze lernen, es war alles zuviel für uns. Wir waren beide total verzweifelt und am Ende. Nach diesen Tagen des Abpumpens und Wegschüttens meiner Muttermilch zog ich diese entwürdigende Prozedur übrigens nie wieder in Betracht.

Da mein Baby nun nicht mehr nuckeln durfte, wurde er noch unruhiger und quengeliger. Er schrie viel und war nie zufrieden. Man konnte ihn nicht ablegen oder umbetten. Wir wussten nicht, was wir mit ihm noch machen sollten, bekamen auch keine Hilfestellung. An diesem Mittwoch, als ich ab dem Nachmittag abpumpen musste, untersuchte mich auch noch eine Neurologin und ich bekam eine Akupunkturbehandlung. Beides ergebnislos. Eine Massage und eine Taping-Behandlung am Donnerstag blieben ebenfalls ohne Wirkung. Meine Schmerzen wurden als Nachwirkung der PDA deklariert und sollten eigentlich mit Schmerztabletten verschwinden. Das war aber nicht der Fall. Ich selbst glaube ja, dass das schon auch mit hineinspielte, aber dass ich vielmehr in dieser komplett neuen Lebenssituation so überfordert war und verkrampfte, dass mein Körper sich verweigerte. Durch das ungewohnte Stillen verspannte sich alles noch mehr. Es dauerte Wochen, nein Monate, bis die Schmerzen nachließen. Aber selbst jetzt, 4 Jahre danach, spüre ich in manchen Situationen genau die Stelle, wo damals der größte Schmerzpunkt war.

Außerdem hatte ich spätestens ab dem Milcheinschuss unglaublichen Hunger und bekam nicht genug zu essen. Mein Mann holte das Essen aus dem Speiseraum, aber es reichte mir nie und machte nicht satt. Vor allem das Mittagessen war dürftig. Das unglaubliche Hungergefühl, welches mich durch die gesamte Stillzeit hindurch begleitete, setzte da schon ein. Darauf war ich völlig unvorbereitet und mein Mann war genervt, weil ich immer unzufrieden war. Auch die Unruhe durch das ständige Kommen und Gehen war wirklich grauenhaft. Ich dagegen verließ in den ganzen Tagen unser Zimmer nicht und schaffte es mit Ach und Krach auf die Toilette. Am Mittwoch rief mein Mann meine Eltern an, schilderte, wie schlecht es uns ging und bat um ihre Hilfe, sobald wir die Klinik verlassen hätten. Ihm ging es übrigens auch schlecht, er hatte die ganzen Tage fürchterliche Migräne und ich denke, das war auch eine Reaktion auf die drastische Umstellung, die so gar nicht dem entsprach, was wir erwartet hatten.

Ich durfte also 48 h nicht stillen. Da die Nächte eh schon sehr unruhig gewesen waren und wir völlig übermüdet und kaputt waren, setzte ich mich in der Nacht von Mittwoch auf Donnerstag mit dem Baby ins Stillzimmer, damit wenigstens mein Mann ein wenig schlafen konnte. Ich konnte den Kleinen nur mit dem Finger beruhigen, einen Schnuller nahm er nicht und an die Brust durfte er ja nicht. Es war grauenhaft, die Stunden schlichen zäh dahin und ich war kurz vor'm Umkippen. Eine Schwester kam mehrfach herein, fragte aber nicht, ob sie irgendwie helfen könne. Ich fühlte mich mutterseelenallein. Um 4 Uhr morgens konnte ich nicht mehr und wechselte für den Rest der Nacht wieder mit ihm ins Bett. Die frühen Morgenstunden waren sowieso noch lange Zeit unruhig mit ihm und an Schlaf kaum zu denken.

Am Donnerstag, als ich noch einige Behandlungen hatte, entschieden wir trotz meiner schlechten Verfassung, dass wir am Freitag nach Hause gehen würden. Schlimmer konnte es schließlich dort nicht werden. Den ganzen Donnerstag nachmittag quälten wir uns mit der Überlegung, unseren Kleinen aus Verzweiflung über Nacht ins Säuglingszimmer zu geben, um wenigstens etwas Kraft zu tanken. Da ich eh nicht stillen durfte, konnten ihn genauso gut die Schwestern füttern. Anfangs trauten wir uns gar nicht, diesen Gedanken voreinander auszusprechen. Je mehr wir aber darüber nachdachten, dass dies für eine sehr lange Zeit die einzige und letzte Gelegenheit wäre, mal zu etwas Schlaf zu kommen, umso notwendiger fanden wir es. Wir quälten uns stundenlang mit Rabeneltern-Vorwürfen, bis wir am Abend endlich den Mut fanden, einer netten Schwester unsere völlige Erschöpfung zu schildern und sie zu bitten, unser Baby über Nacht ins Säuglingszimmer mitzunehmen. Sie verurteilte uns auch nicht, sondern verstand uns total und nahm ihn wenig später mit. Eine andere Schwester hatte wohl schon zu ihr gesagt, dass wir ja total fertig aussehen würden. Uns fiel ein Stein vom Herzen. Es war so erleichternd, ohne diese Verantwortung zu sein. Allerdings habe ich bis heute Gewissensbisse wegen dieser Verzweiflungsentscheidung und möchte nicht wissen, wie es ihm dort ging. Als ich hörte, dass meine Schwägerin ihr Baby die ersten beiden Nächte trotz Stillens und ohne Skrupel ins Säuglingszimmer gegeben hatte, war ich schon ziemlich empört. Wir schliefen jedenfalls wunderbar, erholten uns etwas und frühstückten am nächsten Morgen in Ruhe. Dann wurde unser Sohn wieder gebracht, und der ganze Kreislauf der Unruhe, des Geschreis, des Herumtragens, Wiegens, Nicht-Beruhigen-Könnens und Überfordert-Seins begann erneut.

Am Freitag, 11. März 2011, fand dann vormittags die U2 des Großen sowie meine Abschlussuntersuchung statt. Im Mutterpass ist bei "Wochenbett normal" ein "Nein" angekreuzt. Man war weiterhin ratlos wegen meiner Schmerzen, entließ mich aber trotzdem zu 15 Uhr. Ab ca. 16 Uhr durfte ich auch wieder stillen, die 48 h Zwangsstillpause waren vorbei. Ich zog mich in Zeitlupe an und packte alles zusammen. Während mein Mann das Auto holte, machte ich unser bis dahin sehr unruhiges Baby fertig und war völlig perplex, weil er einfach einschlief, als ich ihn in den Fußsack seiner Babyschale einkuschelte. Wir verließen die Klinik mit einem schlafenden (!) Kind und fuhren mit dem Auto nach Hause. Es war eine ganz frustrierende Situation, dass sich die Welt und das Leben für uns so verändert hatten und wir nicht wie erwartet mit großen Glückshormonen, sondern schon am Rand unserer Kräfte und Nerven wieder in unsere Wohnung kamen. Zuhause angekommen, stellten wir die Babyschale ins Wohnzimmer, machten uns einen Kaffee und setzten uns auf's Sofa. Der Kleine schlief zum ersten (und letzten) Mal ganze 3 h am Stück in der Babyschale (siehe Foto). Es war ein Wunder und absolut paradiesisch für uns und wir dachten tatsächlich, jetzt wird alles gut. Wie sehr wir uns doch täuschten!

Als er wieder wach war, versuchte ich gleich, ihn anzulegen und wieder zum Stillen zu bewegen. Er schien allerdings nicht mehr so richtig zu wissen, wie es ging. Ich bemühte mich ausdauernd und versuchte es immer wieder. Ich wollte unbedingt stillen! Es dauerte 24 h, bis er es wieder konnte. Bis dahin fütterten wir noch kleine Mengen Pre-Milch mit der mitgebrachten Spritze zu, da er sonst zu wenig Nahrung bekommen hätte. Ich war heilfroh, als er das Saugen wieder beherrschte, und habe bis dahin wirklich gezittert. Seitdem lehnte er jegliche Ersatzmilch ab, so dass das Füttern mit einer Flasche nie funktionierte. Aber wir konnten wieder stillen!

Wenn wir an die Zeit im Krankenhaus nach der Geburt des Großen zurück denken, läuft uns heute noch ein Schauer des Grauens über den Rücken. Es ging uns sowohl körperlich als auch mental hundselend. Unser Baby war eines der Sorte, für die man Hilfe, Anleitung und Unterstützung gebraucht hätte. Durch die Anwesenheit meines Mannes im Familienzimmer fühlte sich wahrscheinlich keiner bemüßigt, uns zu helfen, sondern alle meinten, zu zweit müsse man das doch schaffen. Die durch Unfähigkeit von Ärzten oder Arzthelfern erzwungene Stillpause war das denkbar Schlechteste, was mir und dem Großen passieren konnte. Wir verließen die Wochenstation als völlig erschöpfte, überforderte und unglückliche Neueltern mit der großen Hoffnung, dass sich zuhause alles normalisieren würde. Die Hoffnung wurde leider enttäuscht. Dazu in einem späteren Text mehr. Für einen versöhnlichen Ausklang kann ich jetzt schon andeuten, dass im krassen Kontrast zu dieser Erfahrung die Krankenhaustage nach der Geburt der Kleinen eine wunderschöne, entspannte und erholsame Zeit waren, die ich sehr genossen habe, so wie es eigentlich sein soll. Dazu hier mehr.


(c) Frühlingskindermama

Mittwoch, 15. April 2015

Wie mich das Mamasein verändert hat (Blogparade #dasbinichjetzt)

Viele schöne Blogparaden, die mich zum Reflektieren anregen, gibt es im Moment. Diesmal möchte ich bei der Blogparade unter dem Titel „Mein neues Ich. Das bin ich jetzt, seit ich Kinder habe“ von der Villa Schaukelpferd mitmachen. Christine beschreibt, wie sie sich verändert hat, seit sie Mama ist. Obwohl man sicherlich nicht immer klar trennen kann, was durch's Älterwerden und was durch's Mamasein hervorgerufen wird, geht vieles doch Hand in Hand und bedingt sich gegenseitig.

Ganz ehrlich: wenn mir jemand gesagt hätte, wie sehr ich mich durch das Kinderhaben verändere, hätte ich ihm/ihr den Vogel gezeigt oder Reißaus genommen. Ich empfand die Veränderungen durch's Kinderhaben so krass, wie ich es mir nie hätte vorstellen können. Bis heute vermisse ich mal mehr, mal weniger mein altes Leben, meine Interessen und Leidenschaften, die seit den Kindern samt und sonders unter dem Teppich schlummern. Sie sind noch da, das merke ich, aber sie kriegen keine Nahrung und werden nicht gehegt und gepflegt. Die größte Fremdbestimmtheit der Babyjahre ist mittlerweile Geschichte, aber von einem eigenständigen Leben, was an das meines früheren Ichs zumindest anknüpft, kann noch immer keine Rede sein.

Ich versuche mal, einige der Veränderungen seit meinem Mamawerden festzuhalten, möchte aber betonen, dass es sich um eine Momentaufnahme aus einer Phase, wo es mir mental relativ gut geht, und um einen kleinen Ausschnitt ohne Anspruch auf Vollständigkeit handelt.

Körperliche Veränderungen:
Durch die gesamte Stillzeit hat mich ein riesengroßes permanentes Hungergefühl begleitet, von dem selbst jetzt noch die Reste vorhanden sind. Ich glaube, dass ich immer noch mehr esse und schneller Hunger habe als vor meiner 1. Geburt. Das mag auch damit zusammenhängen, dass sich die Essenszeiten seit den Kindern komplett nach vorn verschoben haben, deshalb sozusagen eine zusätzliche Mahlzeit hinzugekommen ist und ich es nach wie vor merkwürdig finde, um 11 Uhr vormittags Hunger auf Mittagessen zu haben. Ich esse mehr und habe gleichzeitig auf weniger Dinge als früher Appetit. Ich kann z.B. kaum noch Cola trinken, esse nur noch wenige Wurstsorten, dafür aber mehr Fleisch als vorher. Beim Süßkram mag ich auch nur noch einige ausgewählte Sachen. Mein Geruchsempfinden ist ähnlich wie bei Christine noch sensibler geworden als es vorher ohnehin schon war. Ich bin eigentlich ein absoluter Genussesser. Das ist leider seit den Kindern völlig auf der Strecke geblieben, und ich kriege oft Magenschmerzen bei den Mahlzeiten, weil es so laut, unruhig und überstürzt zugeht.

Eine angenehme Veränderung: ich habe seltener Kopfschmerzen und Migräne als vor den Kindern. Dafür spüre ich jetzt manchmal Schmerzen an Stellen, von denen ich vorher gar nicht wusste, dass es sie gibt. In den letzten Tagen tun mir z.B. meine beiden großen Zehen weh. Diese habe ich früher nicht einmal bemerkt. In der Schwangerschaft mit der Kleinen hatte ich einmal solche Daumenschmerzen, dass ich nicht schlafen konnte und eine Schmerztablette nehmen musste. Von nachgeburtlichen Rückenschmerzen wegen nächtlichen Dauerstillens und Tragens ganz zu schweigen. Auch meine Haut ist empfindlicher geworden. Nach der Einnahme eines Erkältungssaftes hatte ich einmal eine allergische Reaktion, die gesamte Haut im Brustbereich war feuerrot und heiß. Solche Dinge kenne ich von der Zeit vor den Kindern überhaupt nicht.

Seelische Veränderungen:
Die wichtigste und traurigste Veränderung, die mir immer wieder auffällt, ist, dass ich nicht mehr so überschwängliche Glücksgefühle empfinden kann wie früher. Vor den Kindern hat mich ein blühender Kirsch- oder Mandelbaum, ein gelbes Rapsfeld, ein duftender Orangenbaum, ein toller Ausflug, ein schönes Panorama, ein Flug über Wattewolken, das Rauschen des Meeres oder ein Abendessen auf dem Balkon total glücklich gemacht. Das mehrstündige Entdecken einer archäologischen Ausgrabungsstätte oder ein kulturgespickter Städteurlaub hat mich in absolute Ekstase versetzt. Ich war ein sehr begeisterungsfähiger Mensch und konnte auch kleine Glücksmomente intensiv wahrnehmen und genießen. Dies ist mir leider völlig abhanden gekommen. Schöne Momente, in denen ich vielleicht sogar noch als Krönung des Ganzen allein bin, kann ich überhaupt nicht mehr auskosten. Das vermisse ich sehr. Ich habe sogar Angst davor, beispielsweise irgendwann wieder einmal an einem meiner Lieblingsorte, auf dem Roque Nublo auf Gran Canaria, zu sitzen und nichts zu empfinden, da, wo ich früher explodiert bin vor Glück und Seligkeit. Ich weiß leider nicht, wie ich diese Gefühle zurückholen kann.

Ich bin als Mama smalltalkfähiger geworden und verteidige meine Kinder wie eine Löwin. Ich kann mich besser durchsetzen. Ich bin selbstbewusster, stressresistenter und belastbarer geworden. Lag ich früher nach einem Arbeitstag abends schläfrig auf der Couch, sitze ich jetzt nach Arbeit, Kinderbespaßung und Haushalt noch abends am Blog. Allerdings habe ich erst durch die Kinder wirklich gemerkt, wie wenig belastbar ich war und dass ich keinerlei Stressbewältigungsstrategien gelernt hatte. Das musste ich mir mühsam alles selbst erarbeiten, und ich lerne und wachse daran immer noch. Ebenfalls hatte ich vor den Kindern auch nicht gewusst, wie freiheitsliebend und eigenständig ich eigentlich bin und dass ich sehr unter dem Verlust leiden würde. Es wuchs also, wenn auch sehr schmerzhaft, die Selbsterkenntnis in einem Maße, was ich mir nie hätte vorstellen können.

Ich hätte aber auch nie gedacht, dass ich so eine empathische, tröstende, mitfühlende und verständnisvolle Mama sein könnte, wie ich es geworden bin. Dass ich meine Kinder als gleichwürdig behandeln will und damit einige meiner früheren Vorstellungen von "Erziehung" über Bord werfen musste. Dass ich mich dafür selbst mit meinen engsten Familienmitgliedern "anlege". Und dies trotz der Tatsache, dass ich das Kinderhaben immer noch als sehr anstrengend, freiheitsberaubend und nicht in dem Maße erfüllend, wie ich es mir vorgestellt hatte, empfinde. Aber ich habe es irgendwie geschafft, trotz meiner Schwierigkeiten mit der Mutterschaft an sich meinen Kindern eine liebevolle, zugewandte Mama zu sein.

Eine der gravierendsten Veränderungen, die mit dem Muttersein einhergegangen ist, betrifft die Einstellung zu meiner Arbeit. Früher habe ich das Erwerbsleben als notwendiges, aber lästiges Übel angesehen und von Wochenende zu Wochenende, von Urlaub zu Urlaub gelebt. Ich habe mir zwar immer Arbeitsstellen gesucht, die nicht nur meinen Fähigkeiten entsprachen, sondern mich auch inhaltlich interessierten, aber trotzdem war das Arbeiten oft unbefriedigend und eine Last. Seit den beiden Elternzeiten hat sich diese Einstellung grundlegend gewandelt. Ich habe meine Arbeit so sehr vermisst, wie ich es nie für möglich gehalten habe. Das intellektuelle Unterfordertsein, die fehlende Kommunikation unter Erwachsenen und das Fremdbestimmtsein der Babyjahre machten mir unglaublich zu schaffen. Ich genoss meine einzelnen Arbeitstage (bei beiden Kindern arbeitete ich ab 8 Monate wieder einen bzw. zwei Tage pro Woche) so sehr und sehnte sie herbei. Diese Veränderung ist bis heute geblieben. Es gibt im Gegensatz zu früher ganz selten Tage, an denen ich keine Lust habe, zur (gleichen) Arbeit zu fahren. Ich freue mich auf die Arbeitswoche und habe immer ein wenig Bauchschmerzen vor den Wochenenden und Urlauben. Ich bin einfach keine 24-Stunden-Mama, das macht mich wahnsinnig. Ich finde es schön und genieße es, eine so positive Einstellung zum Arbeitsleben durch die Elternzeiten bekommen zu haben. Das hätte ich vorher niemals gedacht.

Dies waren selbstverständlich nur einige Ausschnitte aus einem weiten Thema. Ich lese immer wieder von Mamas Aussagen wie "Ich bin doch mit Kind immer noch dieselbe wie vorher!". Nein, ICH bin nicht mehr dieselbe Person wie vor den Kindern. In den Elternzeiten hatte ich oft das Gefühl, da ist nichts mehr von meinem früheren Ich vorhanden. Das ist mittlerweile etwas besser geworden und ich hoffe, dass mit dem Älterwerden der Kinder vielleicht einige meiner Interessen und Leidenschaften wieder auftauchen und dann vielleicht auch meine alte Begeisterungsfähigkeit, das Brennen für manche Themen und das Glück über schöne Momente und Erlebnisse wiederkehren. An dieser Stelle fällt mir ein, dass ich vielleicht mal andere Personen dazu befragen könnte, ob und inwiefern sie sehen, dass ich mich verändert habe. Dies werde ich mal tun. Vielleicht kommen ja dann noch andere Aspekte dazu;)

 (c) Frühlingskindermama
Nachtrag:
Diesen Text habe ich auch bei der Blogparade So hab ich mich als Mama / Papa verändert von 2KindChaos eingereicht.

Montag, 13. April 2015

Die U7 der Kleinen am 13. April 2015

Die Kleine wird in ca. 3 Wochen 2 Jahre alt und heute war ich deshalb mit ihr zur U7 bei unserer Kinderärztin. Im Vorfeld war ich eigentlich ziemlich entspannt, sowohl was ihr Verhalten bei der Untersuchung als auch ihre unproblematische Entwicklung angeht. Aber man weiß ja nie, was einen erwartet, ob das Kind kooperiert und ob etwas Besorgniserregendes gefunden wird (wie die Herzgeräusche des Großen bei seiner U7a).

Die U-Termine werden bei uns vor oder nach der regulären Sprechstunde gemacht, so dass wir gleich um 8 Uhr beginnen konnten. Sie wurde gewogen, gemessen an Kopf und Körper, ausgiebig untersucht, durfte mit der Ärztin Ball spielen, ein Türmchen bauen, hat gezeigt, dass sie versteht, was die Ärztin von ihr wollte und hat sogar einige kurze Antworten gegeben. Sie wiegt jetzt 11,5 kg und ist ca. 84 cm groß. Damit hat sie in einem Jahr seit der U6 ca. 2,4 kg und 10 cm zugelegt. Der Große war zum gleichen Zeitpunkt 13,4 kg schwer und ca. 89 cm groß. Mit den Impfungen sind wir bei ihr seit September 2014 durch. Ich musste wieder 2 Fragebögen über ihre motorischen, sprachlichen und sozialen Fähigkeiten ausfüllen. Bei den Wörtern, die die Kleine schon benutzt, konnte ich nahezu alles ankreuzen. Sie ist sprachlich wirklich sehr fit und spricht auch vieles schon ziemlich korrekt oder zumindest gut verständlich aus. Ihre leichte O-Beinigkeit ist völlig normal und absolut nicht besorgniserregend. Ansonsten hatte ich keine weiteren Anliegen oder Probleme, ein für mich sehr ungewohnter Zustand. Ich sage auch jedesmal zur Kinderärztin, dass die Kleine ein ganz und gar normales, toll entwickeltes und gut zu händelndes Kind ist. Sie kennt ja unsere Sorgen mit dem Großen und sagt dann immer nur schelmisch: "Genießen!";)

Ich war trotzdem erleichtert, dass es keine negativen Überraschungen gab. Körperlich ist alles in bester Ordnung. Über das Verhalten der Kleinen habe ich Bände gestaunt. Mir ist noch lebhaft in Erinnerung, wie der Große bei seiner U7 die gesamte Kinderarztpraxis (damals noch eine andere) zusammengeschrien hat und sich weder von uns Eltern (wir waren bei all seinen Arztterminen immer zu zweit) beruhigen noch von der Ärztin oder den Schwestern ablenken ließ. Er wollte damals überhaupt niemanden an sich und seinen Körper lassen, hat sich nur an uns geklammert und sofort losgebrüllt, sobald ihm jemand zu nahe kam. Dass wir direkt im Anschluss noch 2 Impfungen mit ihm absolvieren mussten, wo er eh schon total aufgebracht war, hat dem Ganzen noch die Krone aufgesetzt. Es war jedenfalls grauenhaft und traumatisch für alle Beteiligten und ich bin deshalb sehr erleichtert und froh, dass es heute mit der Kleinen so glimpflich, um nicht zu sagen erfreulich ablief. Sie hat nur 1x kurz geweint, als sie sich hinlegen sollte (da weint der Große auch jedesmal), sich dann aber sofort wieder eingekriegt. Ansonsten hat sie alles bis auf's Messen gut mitgemacht und zwischendurch immer "Fertich!" gesagt. Um kurz nach 9 Uhr habe ich sie dann in der Kita abgegeben. Geschwister sind eben unterschiedlich und niemand, der noch nie mit einem schwierigen Kind in einer Arztpraxis war, kann nachvollziehen, was das bedeutet.

Ich habe auch nochmal die Blutuntersuchung des Großen angesprochen, da ich die Ergebnisse damals nur telefonisch durch eine Schwester mitgeteilt bekam. Die Ärztin hat sich Zeit genommen und ist kurz alles mit mir durchgegangen. Er hatte ja vor der Blutabnahme einen Infekt gehabt, was man im Blutbild schon noch sah. Ansonsten war alles, was untersucht wurde (Schilddrüse, Eisenwert, Muskelentzündungswerte, Allergien etc.) top in Ordnung. Es gibt also keinen Hinweis auf irgendwelche körperlichen Beeinträchtigungen. Das Angenehme bei dieser Ärztin ist, dass sie aber trotzdem nicht die Probleme, die wir als Eltern mit ihm haben, bagatellisiert oder gar verneint, sondern schon versucht, Erklärungen zu finden und uns ernst zu nehmen. Das ist sicherlich nicht selbstverständlich; unsere erste Kinderärztin war von der Sorte "Da müssen Sie jetzt durch!", was einem bekanntlich nie weiterhilft, wenn man ein Problem hat.

Im besten Fall sind wir nun erst wieder in einem Jahr bei der Ärztin. Da meine Kinder glücklicherweise so gut wie nie schwerwiegende Krankheiten haben und ich es vermeide, wegen Erkältungen zum Arzt zu gehen, haben wir darauf sogar eine reale Chance. Das Ergebnis der U7 und mein Fazit von heute: Die Kleine ist ein tolles Kind!

Sonntag, 12. April 2015

Fragen und Erinnerungen des Großen

Heute mal nur eine kurze Anekdote zum Ausklang des Wochenendes:

Der Große fragte heute im Auto völlig unvermittelt und zusammenhanglos:
"Kann ich nochmal ein Foto von dem Mann sehen, der euch eingesperrt hat? Der die Mauer gebaut hat! Der böse Mann!"
Können wir Dir zuhause zeigen, hier im Auto haben wir keins.

"Wie habt ihr das geschafft, die Mauer einzustürzen?"
Da haben viele Menschen mitgeholfen. Die sind alle hingegangen und haben die Mauer kaputtgemacht.

"Hatten die alle einen Hammer? So viele Hammers?"
Ja, und nicht nur Hämmer. Wir haben den Mann auch verjagt.

"Konnte man da gar nicht in eine andere Stadt fahren?"
Innerhalb der Mauer gab es auch andere Städte, da konnte man hinfahren. Aber hinter die Mauer nicht. So, als könntest Du Deinen Freund O. nicht besuchen. Der wohnt da, was früher hinter der Mauer war. Die Mauer stand direkt hinter unserem Haus. Davon können wir Dir auch ein Foto zeigen. Und O. wohnt dahinter. Da konnte man nicht rüber. --

Man muss dazu sagen, dass wir ihm im November 2014, zum 25. Jahrestag des Mauerfalls, vieles erzählt und gezeigt hatten sowie den Weg der Leuchtballons abgelaufen sind. Dass er sich daran erinnert und heute ohne erkennbaren Zusammenhang wieder aus seinem Gehirn hervorgekramt hat, zeugt davon, wie vieles in ihm arbeitet und rumort. Meine Güte, da wird noch einiges auf uns zukommen!


Freitag, 10. April 2015

Meine kleine Bloggerwelt (Blogparade)

Unsere Blogger- und Twitterwelt ist im Moment ein ganz wichtiger Bestandteil meines Lebens. Deshalb finde ich die Blogparade "Mein Blog, Dein Blog, Unsere Blogosphäre" des Blogs Terrorpüppi eine wunderbare Idee, um zu beschreiben, was mich am Bloglesen und -schreiben reizt, was mir an anderen Blogs gefällt und welchen Stellenwert das Bloggen bei mir selbst einnimmt. Ich halte mich an die entsprechenden Punkte der Blogparade und werde versuchen, diese zu beantworten.

Mein Blog soll nicht einer von den unzähligen Heile-Welt-Mamablogs sein, wo es ums Nähen, Kuchen backen oder "Anhimmeln" der Kinder geht. Ich habe gar nichts dagegen, wenn das die persönliche Lebenswirklichkeit von anderen Mamas ist. Aber meine sieht anders aus, und ich möchte Dinge und Erlebnisse, die mir Schwierigkeiten bereitet haben oder bereiten, reflektieren, problematisieren und aufarbeiten. Ich will ehrlich und schonungslos schreiben und keine Rücksicht auf Befindlichkeiten nehmen, so wie im Privatleben. Deshalb schirme ich meinen Blog von meinem Real Life ab; keiner meiner Freunde, Kollegen oder Verwandten weiß bisher davon, so hoffe ich zumindest. Das gibt mir die Möglichkeit, viel offener zu schreiben, als wenn ich ständig überlegen müsste, wie dies oder jenes wohl ankommt. Wie ich in einer kurzen Twitter-Diskussion mitbekam, halten es wohl einige andere Bloggerinnen ähnlich.

Die ersten Blogs, die ich regelmäßig mitgelesen habe, waren der Mama Miez-Blog Bis einer heult! und wenig später der Blog Herzmutter, der leider nicht mehr existiert. Beide Blogs haben mir unheimlich viel bedeutet und weitergeholfen in einer Lebenslage, die noch etwas anders aussah als jetzt. Während ich bei Mama Miez auf die Hochsensibilität überhaupt erst aufmerksam wurde und damit eine Lawine bei mir ins Rollen kam, die sowohl mein Leben als auch das Verständnis und die Akzeptanz für meinen Großen grundlegend geändert hat, half mir der Herzmutter-Blog mit seiner durch und durch schonungslosen Art, aus dem Leben mit einem sehr anstrengenden Kleinkind zu berichten, über so manche verzweifelten Tage hinweg. Beiden Blogs verdanke ich sehr viel, sie waren sozusagen mein Einstieg in die Bloggerwelt und gleichzeitig so etwas wie eine Therapie für mich.

Empfehlen möchte ich aus tiefstem Herzen den Blog Villa Schaukelpferd. Nicht nur ist er visuell wunderschön gestaltet, sondern greift auch regelmäßig viele der Themen auf, die mich bewegen. Christine schreibt noch ehrlicher und schonungsloser als ich, z. B. über ihre postpartalen Depressionen, das fehlende Mutterglück nach der Geburt, die Sehnsucht nach der Freiheit und Selbstbestimmtheit und das häufige Überfordertsein durch die Kinder. Das kann sie auch nur deshalb, weil sie ihren Blog im Privatleben ebenfalls nicht an die große Glocke hängt. Sie ist auch diejenige Bloggerin, die ich am liebsten von allen einmal kennenlernen würde. Ein Interview führen würde ich sehr gern mit Jesper Juul, um ihn ausführlich und weitergehend zum Thema Autonome Kinder zu befragen und ihn vielleicht zu weiterer Forschung anzuregen.

Ich lese auf anderen Blogs bevorzugt Beiträge über die Themen, die mir wichtig sind, d.h. Schreibabys, High-Need-Kinder, hochsensible Kinder, autonome Kinder, postpartale Depressionen, Beiträge, die die problematischen Aspekte der Mutterschaft beleuchten, wie aktuell unter #regretting motherhood. Aber auch die Themen Vereinbarkeit, Reisen, Entwicklung von Kindern, "Erziehung" im Allgemeinen bewegen und interessieren mich. Ich lese auch gern Buchvorstellungen und Spielzeugtipps. Was mich weniger interessiert, sind Koch- und Backtipps, Nähbeiträge und Verlosungsorgien. Aber jeder Blogger hat ja seine Fanbase, sein Publikum und seine eigene Vorstellung, wohin der Blog sich entwickeln soll.

Da ich mich selbst noch als Blogger-Neuling empfinde, finde ich es vermessen, anderen Neulingen gute Ratschläge zu erteilen. Ich würde aber jedem Blogger empfehlen, bei Twitter aktiv zu sein. Dort kann man seine Beiträge am unkompliziertesten verbreiten und mit den Lesern interagieren. Ich vermisse bei manchen Blogs eine Suchfunktion und eine gewisse Struktur bzw. eine Startseite, die Interesse weckt und zum Entdecken und Stöbern einlädt. Was ich sehr schade finde, ist, dass die wenigsten kleinen Blogs einen Flattr-Button haben. Gern würde ich selbst Beiträge der von mir gelesenen Blogs flattern, die großen Blogs haben das weiß Gott nicht so sehr nötig. Aber da man für die kommerzielle Nutzung eines Blogs ein Kleingewerbe anmelden sollte, kommt das wohl für die meisten nicht infrage. Ich jedenfalls würde gern das Flattern unter den kleineren Bloggern etwas mehr etabliert sehen. Insgesamt finde ich die Interaktion und Unterstützung unter den kleineren Blogs sehr schön, würde mir allerdings ebenfalls wünschen, dass die etablierteren Blogs auch mal einen Blick auf uns werfen.

Neben den auf meiner Blogroll gelisteten Blogs lese ich noch viele weitere kleine Blogs und tausche mich auf Twitter mit den Autorinnen aus. Möglicherweise komme ich etwas zu selten zum Kommentieren anderer Beiträge, freue mich aber unheimlich über jegliches Feedback zu meinen Artikeln. Und ich danke allen, die zu meiner kleinen Bloggerwelt (#bloggerhausen) gehören und mein Leben bereichern.

Mittwoch, 8. April 2015

Vereinbarkeit und Work-Life-Balance in unserer Familie

Das Thema Vereinbarkeit und Gleichberechtigung ist immer wieder von großer Bedeutung in der Elternbloggerwelt. Im Moment gibt es auf dem Blog Terrorpüppi eine Blogreihe und auf dem Blog Das Elternhandbuch eine Blogparade. Viele Blogger äußern immer wieder ihre Gedanken und Erfahrungen dazu. Ich möchte zu dem Thema nicht theoretisieren, sondern einfach mal schildern, wie wir in unserer Familie die Herausforderung Vereinbarkeit/ Work-Life-Balance mit zwei kleinen Kindern handhaben und managen.

Wir haben, so glaube ich, eine für alle ganz gute und zufriedenstellende Situation geschaffen, die auch Puffer für eventuelle Ausfälle, Krankheiten und Unvorhergesehenes einplant. Da wir keine Familie vor Ort haben, die uns im Notfall helfen und kurzfristig einspringen könnte, müssen wir alles selbst organisieren und können uns nur gegenseitig abfedern. Dazu kommt, dass besonders ich ein Mensch bin, der nicht pausenlos ackern kann, sondern relativ viel Zeit zum Regenerieren braucht und diese auch einplanen muss, um nicht krank zu werden. Es ist meine Verantwortung, meine Belastungen so einzuschätzen und zu dosieren, dass meine Gesundheit - sowohl physisch als auch mental - nicht leidet, damit ich gut für meine Kinder sorgen kann. Da ich die Kinderanwesenheit nicht reduzieren kann und will, muss ich demzufolge an anderen Hebeln drehen, um kleine Ruhephasen für mich zu haben. Das sieht bei uns konkret so aus:

Wir arbeiten beide angestellt in Teilzeit und haben jeder einen freien Tag pro Woche. Ich arbeite 20 Stunden, d.h. 5 Stunden an 4 Wochentagen und habe montags frei. Mein Mann hat seine 32-Stunden-Stelle temporär auf 28 Stunden reduziert und arbeitet offiziell 7 Stunden an 4 Tagen mit einem freien Freitag. Er hat seine Stelle deshalb reduziert, um Mehrstunden herausarbeiten zu können, die wir als Puffer bei Krankheiten einsetzen können. Er arbeitet deswegen meist 8 Stunden und sammelt die Mehrstunden an. Mein Mann bringt die Kinder morgens in die Kita. Um 8 Uhr verlassen sie das Haus und ich kann mich dann in Ruhe fertigmachen und noch ein wenig aufräumen. Ich fahre um 8:30 Uhr zur Arbeit und arbeite von 9 bis 14 Uhr, bin um 14:30 Uhr zuhause und habe dann noch Zeit, um eine Maschine Wäsche aufzuhängen oder zusammenzulegen, den Geschirrspüler auszuräumen, das Abendbrot vorzubereiten und mich spielplatztauglich umzuziehen. Ich brauche die kurze Ruhe auch, um mich von der Arbeits- auf die Kinderwelt umzustellen. Um 15:30 Uhr hole ich die Kinder von der Kita ab. Sie sind also max. 7 1/2 Stunden da. Das finde ich, rechnet man die Mittagspause noch ab, absolut vertretbar. Nachmittags gehen wir immer raus, auf den Spielplatz, in den Park, Eis essen oder besuchen Freunde. Wenn es nicht regnet, bin ich selten vor 17:30 Uhr mit den Kindern zuhause. Mein Mann fängt auch um 9 Uhr auf der Arbeit an und kommt dann zwischen 17 und 18 Uhr nach Hause. Wir essen immer gemeinsam Abendbrot, was ich sehr wichtig für die Kinder finde. Freitags, wenn mein Mann frei hat, holt er die Kinder ab und ich kann ein wenig länger arbeiten, um meinerseits Puffer aufzubauen, da ich, wenn ein Kind mal vorfristig aus der Kita abgeholt werden muss, dieses meist übernehme.

Die Vorteile liegen auf der Hand: wir sind morgens zu zweit und können uns mit den Kindern, die natürlich nicht immer mit Zeitdruck funktionieren, abwechseln. Ich kann morgens und nachmittags in der kurzen Pufferzeit ein bisschen Haushalt machen, Telefonate erledigen, aufräumen, so dass abends nicht mehr viel anfällt. Mein Mann bringt und ich hole die Kinder, was eine gleichberechtigte Verteilung ist. Krankentage teilen wir uns ebenfalls gleichmäßig auf, da wir es beide sehr anstrengend finden, mit einem kranken Kind zuhause zu bleiben. Durch unsere freien Tage Montag und Freitag sind nur noch 3 Wochentage bei Krankheit abzudecken. Sollte ich krank sein, macht mein Mann so früh wie möglich Schluss und holt die Kinder ab. An unserem freien Tag können wir jeder allein zuhause entspannen und Dinge erledigen, zu denen man Ruhe braucht, sowie Arzttermine wahrnehmen, mal ausführlicher telefonieren und uns den Sachen widmen, die uns wichtig sind. Dazu gehört auch, mal in Ruhe einzukaufen, in einer Buchhandlung zu stöbern, zum Friseur zu gehen oder sich in ein Cafe zu setzen. Alles wertvolle Zutaten für ein zufriedenes Alltagsleben. Das möchte keiner von uns missen und würden wir für kein Geld der Welt aufgeben. Wir gönnen uns auch einmal wöchentlich eine Putzfrau, da keiner von uns seine rare Freizeit mit Putzen verbringen möchte, eine saubere Wohnung aber für uns beide wichtig ist. Die Putzfrau empfinden wir ausdrücklich als temporäre Entlastung in einer Situation, wo wir wenig andere Entlastung haben. Das mag in der Zukunft wieder anders aussehen.

Glücklicherweise sind wir in der komfortablen Situation, dass wir uns die Teilzeitarbeit leisten können. Wir haben kein Haus, das abbezahlt werden muss. Wir wohnen in einer schönen Mietwohnung mit einer humanen Miete, haben ein Auto, einen Pachtgarten am Stadtrand und fahren mehrmals im Jahr in einen kleinen Urlaub. Wir rechnen gut und verkaufen das, was wir nicht mehr brauchen, sofort wieder. Natürlich können wir im Moment nichts weiter ansparen. Das ist aber eine Frage der Priorität und damit unsere eigene Entscheidung. Möchte ich mehr arbeiten, um Vermögen anzusparen, und dafür mehr Stress, mehr Unzufriedenheit und die Gefahr von gesundheitlichen Konsequenzen in Kauf nehmen, oder entscheide ich mich, für diese Phase unseres Lebens, wo die Kinder klein sind und wir aufgrund fehlender Entlastung alle unsere Kräfte zusammenhalten müssen, für ein etwas weniger arbeitsreiches Leben? Wir haben uns einhellig für Letzteres entschieden. Bei uns war aber der Schritt vielleicht auch nicht ganz so groß wie bei anderen, weil wir auch vor den Kindern schon bewusst Teilzeit gearbeitet haben und einer ausgewogenen Work-Life-Balance oberste Priorität eingeräumt haben. Mit den Kindern ist dies nun noch bedeutender geworden.

Für mich ist es sehr wichtig, beruflich tätig zu sein. Gerade als Frau/Mutter finde ich es sowohl für den Mann als auch die Kinder ein positives Signal, dass die Mama arbeitet, um den sich doch immer wieder einschleichenden Impuls "Frau kümmert sich um Haushalt und Kinder" zu unterdrücken. Meine Mutter war ganz DDR-untypisch erst 5 Jahre mit ihren beiden Kindern zuhause und ging dann wieder Vollzeit arbeiten. Beides wollte ich für mich nie. Es ist nur wichtig, die richtige Dosis zu finden. Im Moment ist es perfekt so. Was in ein paar Jahren ist, werden wir sehen. Natürlich übernehme ich überwiegend den organisatorischen Kram, sprich kümmere mich um Arzttermine für die Kinder, Kita-Belange, Geburtstags- und Verabredungskoordination, Austausch mit anderen Eltern etc. Das ist mir aber auch wichtig und liegt mir sicherlich mehr als meinem Mann. Wenn ich aber zuhause wäre, hätte ich das Gefühl, ich müsste mich automatisch um alles kümmern. Wir fühlen uns ge-, aber nicht überfordert von unserer Alltagsjonglage. Der Haushalt wächst uns nicht über den Kopf und wir haben Schriftkram, Finanzielles und Behördliches gut im Griff. Bei Krankheit greift das gut abgesprochene System. Schwierig wird es nur, wenn beide Eltern gleichzeitig sehr angeschlagen sind. Ansonsten sind wir ziemlich gut aufgestellt, wie ich finde. Und doch im Großen und Ganzen zufrieden.

Bei uns war es nie eine Frage, ob sich der Mann gleichberechtigt in die Kindererziehung und das häusliche Leben einbringt, sondern eine Selbstverständlichkeit und ein Bedürfnis. Er hat bei beiden Kindern eine längere Elternzeit genommen und die Babys nach dem Beikoststart auch mal alleine betreut. Bei beiden Kindern bin ich mit 8 Monaten wieder mit einem bzw. zwei Tagen in meine Arbeit eingestiegen und er hat diese Tage übernommen. Was den Haushalt angeht, so hat er, glaube ich, gerade seit den Kindern gemerkt, dass man damit immer auf Stand sein muss, denn wenn sich erst einmal Wäsche- oder Geschirrberge ansammeln, wird man derer nicht mehr Herr. Für ihn ist auch eine gewisse Struktur und Aufgeräumtheit wichtiger geworden als früher, um einen Gegenpol zu dem von den Kindern verbreiteten Chaos zu setzen.

Ich selbst bin sowohl mit meinem Arbeitsumfang als auch mit dem Umfang der Quality Time mit den Kindern im Moment sehr zufrieden. Ich genieße es wirklich, am Nachmittag noch an die frische Luft zu kommen und Abwechslung zu haben. Naturgemäß würde ich mir an den Wochenenden noch etwas mehr Freizeit und Muße wünschen. Das liegt aber vor allem daran, dass ich grundsätzlich ein ruhebedürftiger Mensch bin und wir die Kinder nicht mal eben zu den Großeltern abgeben können. Ich hoffe, dass dies kommt, wenn die Kinder größer werden. Bis dahin bin ich glücklich über meinen freien Tag und die kurzen täglichen Zwischenzeiten, die viele andere gar nicht haben. Diese ermöglichen uns einen Feierabend, der diesen Namen verdient, da wir abends nichts mehr im Haushalt machen müssen. Auch ein großer Wohlfühlfaktor. Abendtermine nimmt mein Mann nicht wahr, seit die Kinder da sind, wofür ich ihm sehr dankbar bin. Er war in den letzten 4 Jahren bisher lediglich zweimal über Nacht weg, und das aus unaufschiebbaren familiären Gründen.

Wir haben unser Leben für die Zeit, wo die Kinder klein sind und uns brauchen, auf deren Bedürfnisse eingestellt und so organisiert, dass wir (hoffentlich) nicht ausbrennen. Was wir immer bedenken müssen, ist die fehlende regelmäßige Entlastung durch Großeltern. Dieses Defizit müssen wir selbst auffangen und gleichzeitig Puffer für Unvorhergesehenes einplanen sowie ein wenig freie Zeit für beide Eltern. Ich denke, das gelingt uns mit dem derzeitigen Modell ganz gut. Das heißt natürlich nicht, dass wir nicht auch oft erschöpft sind. Aber grundsätzlich ist bei mir die Zufriedenheit mit dem Wochenrhythmus vorhanden und wir haben nicht ständig das Gefühl, am Limit zu sein. Wenn nun noch ein wenig mehr Wochenend-Freizeit dazu käme, empfände ich unsere Work-Life-Kids-Balance als fast optimal.

Dieser Beitrag war Teil der Blogparade #Worklifefamily von Grosse Köpfe.

Samstag, 4. April 2015

Unser erster Urlaub mit Baby

Da wir gerade wieder gemerkt haben, wie angenehm ein Urlaub in bekannter Umgebung mit kleinen Kindern ist und wir u.a. deshalb einen eigentlich für Mai angedachten Flugurlaub (wieder einmal) verworfen haben, musste ich die letzten Tage wieder oft an unseren ersten Urlaub mit Baby und als Familie denken. Aufgrund der schwierigen Umstände mit unserem Großen hatten wir davor massive Bedenken, es wurde aber dann letzten Endes glücklicherweise doch ganz schön, nicht zuletzt deshalb, weil wir unseren Rhythmus weitestgehend an ihn angepasst haben, wie wir es auch zuhause praktizierten, nachdem wir ihn einige Monate kannten. Und dieser erste Urlaub barg sogar einige Überraschungen!

Da mein Mann die ersten 7 Monate Elternzeit hatte, wollten wir eigentlich schon viel früher mit dem Baby verreisen und auch weiter und länger wegfahren oder sogar -fliegen. Dass all dies mit ihm nicht möglich war, merkten wir ziemlich schnell. Keiner will im Hotel mit einem schreienden Kind nachts auf und ab laufen oder in einem vollen und lauten Speisesaal beim Essen stillen, um als Mama überhaupt zu einer Nahrungsaufnahme zu kommen. Sicherlich gibt es Babys, mit denen Reisen ohne Probleme möglich sind. Meine Erfahrung ist aber, dass viele Babys nur in ihrer gewohnten Umgebung zufrieden sind, erst recht High-Need-Babys wie mein Großer. Aber auch meine Kleine, die die ersten Monate sehr pflegeleicht war, reagierte auf Veränderungen mit Unbehagen und war zuhause am ausgeglichensten.

Wir verwarfen also schweren Herzens unsere Reisepläne und verbrachten die ersten Monate damit, uns kennenzulernen und einen gemeinsamen, halbwegs erträglichen Rhythmus zu finden. Als sich die Elternzeit meines Mannes dem Ende zuneigte, wollten wir uns dann aber doch noch eine kleinere Abwechslung gönnen und buchten eine Ferienwohnung auf dem Darß (Ostsee). Wir freuten uns sehr, hatten aber gleichzeitig auch große Bauchschmerzen, da jede Autofahrt mit dem Großen bekanntlich eine Zerreißprobe war. Außerdem hatten wir schlechte Erfahrungen von den beiden Übernachtungsbesuchen bei meinen Eltern, wo er sich überhaupt nicht auf die fremde Umgebung umstellen konnte und jeweils die Nächte durchgeschrien hat.


Im September 2011, er war 6 1/2 Monate alt, fuhren wir also für 10 Tage auf den Darß. Er schlief in dem Alter zwei-, manchmal dreimal täglich, je nach Aufwachzeit und Tagesverlauf. Wir fuhren vormittags los und er schlief tatsächlich erstmal 1,5h im Auto. Kurz vor unserem Zwischenziel wachte er auf und schrie sofort Zeter und Mordio, wie immer. Wir machten dann in Karl's Erdbeerhof eine längere Pause mit Stillen, Essen und Action. Als er müde wurde, fuhren wir weiter und er schlief wieder bis zu unserem Urlaubsort. Das hatte also ganz gut geklappt. Der Ort und unsere Ferienwohnung waren sehr schön und wir fühlten uns wohl. Abends brauchte er wie erwartet sehr lange, bis er in der fremden Umgebung einschlief.

Doch dann kam die erste Überraschung: er schlief in dieser ersten Nacht 10h durch! Das war das 4. Mal gewesen, dass er überhaupt komplett durchgeschlafen hatte, und dann noch in der Fremde. Wir konnten es gar nicht glauben und zogen sofort in Erwägung, an die Ostsee zu ziehen;). Die nächsten Tage verbrachten wir sehr ruhig, verhalfen ihm zum Schlafen, wann er es brauchte, machten Spaziergänge mit ihm abwechselnd auf dem Arm, da er in der Trage und im Kinderwagen nur dann nicht schrie, wenn er schlief. Wir machten eine Kremserfahrt, auf der er sehr unruhig war und erst nach langer Zeit endlich einschlief (genauso wie mein Arm, auf dem er lag), eine Schifffahrt und bummelten durch die kleineren Orte auf dem Darß.

Nur am Strand konnte man mit ihm leider nicht lange spazieren gehen. Der Wind war ihm unerträglich und er schrie sofort, auch wenn man ihn abschirmte. Er war auch schon immer sehr sonnenempfindlich, das setzt sich bis heute fort. Ich denke, dass der weiße Strand ihn blendete und das Meer ihm unheimlich war. Im Sand sitzen mochte er auch gar nicht. Also hieß es immer: tragen und laufen. Essen gehen oder irgendwo gemütlich sitzen ging mit ihm auch überhaupt nicht. Das war ja genauso wie zuhause. Ansonsten versuchten wir immer, den Tagesablauf so ruhig wie möglich zu gestalten und seinen Rhythmus einzuhalten. Er wurde ziemlich genau alle 3h müde und dann musste man auch schnell reagieren, wollte man eine Überreizung verhindern.

Nach einigen normalen und zwei schlechten Nächten gab es dann tatsächlich in diesem Urlaub noch einmal zwei Nächte, in denen er 10,5h bzw. 11h durchschlief. Also in 10 Tagen Urlaub dreimal. Eine Sensation und ein großer Erholungsanteil dieses Urlaubs. Der Nachteil: ich bekam am vorletzten Tag einen heftigen Milchstau und saß am Abreisetag mit Schüttelfrost, Temperatur und Gliederschmerzen mit dem Baby auf dem Sofa, während mein Mann alleine alles einpackte und die Wohnung übergabefertig machte. Wir wollten eigentlich auf der Rückfahrt einen Zwischenstop bei meinem Schwiegervater machen, der an der Ostsee wohnt (meine Schwiegermutter war leider einen Monat vor dieser Reise verstorben und hat den Großen nur zweimal gesehen), verwarfen dies aber angesichts meines Zustandes wieder. An die Rückfahrt kann ich mich nicht mehr erinnern, wahrscheinlich hat der Große nach dem Schlafen wieder geschrien und ich habe ihn gestillt. Da wir schnell nach Hause wollten, waren auch keine großen Pausen drin. Zuhause waren die Nächte dann wie üblich "normal schlecht" und mir ging es nach ein paar Tagen wieder besser. Schade, dass man so selten durchschlafende Babys nicht genießen kann, weil die Brust sich schnell rächt.


Vom Alter her (6 1/2 Monate) war es angenehm, er konnte schön auf dem Bauch liegen, sich hochstemmen, im Kreis drehen und spielen, er konnte rollen und sich rückwärts schieben, hat schon Brei gegessen und halbwegs einen Rhythmus entwickelt. Dass man mit ihm nicht in Restaurants sitzen kann, wussten wir. Umso besser war eine Ferienwohnung für uns, wo wir ganz für uns waren. In der Nebensaison war das Haus auch wenig belegt, so dass wir keine Befürchtungen wegen der Schreierei hatten. Zuhause in der Ferienwohnung war er eigentlich immer noch am zufriedensten, das zeigen auch die Fotos. Insgesamt war der Urlaub trotz aller Bedenken angenehm und im Rahmen der Möglichkeiten mit einem solchen Baby relativ erholsam. Ich fand es schön, mal aus der gewohnten Umgebung herauszukommen, und wir hatten ausnahmsweise nicht den Eindruck, den Großen damit immens zu überfordern. Wir hatten aber auch Glück, weil er nicht krank war. Es gab noch viel später Urlaube mit einem kranken, zahnenden oder "schubenden" Großen, die der Horror schlechthin waren.

Nach unserer Rückkehr blieben uns noch genau 5 Tage zu dritt und dann musste mein Mann wieder arbeiten. Für den Großen und mich begann ein neuer Zeitabschnitt, mit einem zwar ganz gut etablierten Rhythmus, aber einsam, isoliert und unterfordert. Doch das ist eine andere Geschichte.

Diesen Text habe ich nachträglich bei der Blogparade von Alpina Zillertal eingereicht.