Wahrscheinlich war es einfach naiv, aber Weihnachten mit Kindern hatte ich mir immer unglaublich romantisch und erhebend vorgestellt. So, wie man es oft in der Werbung sieht: leuchtende Kinderaugen, besinnliche Stimmung, Freude und Dankbarkeit über die Geschenke und langes, ausgiebiges Spielen damit sowie vor allem die Durchführung der für die Familie wichtigen Rituale und Traditionen. Nicht im Traum hätte ich mir vorgestellt, dass (bei uns) wenig davon möglich sein würde, zumindest in den ersten Jahren nicht. Sonst hätten wir Dinge erzwingen müssen, auf Kosten und gegen die Bedürfnisse unserer Kinder, und uns damit selbst Stress und Unfrieden beschert. Das haben wir anfangs versucht, aber schnell sein lassen, zugunsten eines gewohnten Ablaufes und fester Strukturen, was für meinen Großen von Anfang an existenziell, aber auch für die umgänglichere Kleine durchaus wichtig war und ist.
Früher als Kinderlose sind wir über Weihnachten immer zu den Eltern und Schwiegereltern gefahren, manchmal getrennt, manchmal zusammen. Wir haben immer versucht, beide in entgegengesetzter Richtung wohnenden Familienzweige zu besuchen. Das war nicht immer einfach, vor allem wenn man direkt nach den Feiertagen wieder arbeiten musste, aber irgendwie machbar. Schön war es allerdings nie, es gab immer Konflikte, unausgesprochene Vorwürfe und Enttäuschungen. Weihnachten war für mich schon immer ein zwischenmenschlich anstrengendes Fest. Wir haben auch kinderlos schon Heiligabend mal zusammen bei uns zuhause verbracht und es war zwar anders als in den Elternhäusern, aber durchaus besinnlich und weihnachtsstimmig. Mein schönstes Weihnachten verbrachten wir auf Gran Canaria, wo wir in einem Cafè am Meer, mit Wind und Sonne und einem fantastischen Blick nach Teneriffa saßen.
Wie unsere bisherigen 4 Weihnachten mit erst einem, später zwei Kindern waren, habe ich hier beschrieben. Wirklich schlimm war das erste Weihnachten mit dem Großen (damals 9 1/2 Monate), als ich am Heiligabend zur besten Familienbescherungszeit allein mit ihm durch die dunklen, nieseligen Straßen spazierte, damit er zu seinem benötigten Schlaf kommt. Ich weiß noch genau, wie sich das anfühlte. Es war so deprimierend, all die glücklichen (?) Familien zu sehen, die aus der Kirche kamen, sich mit den Großeltern trafen und zuhause Bescherung machten. Ich spazierte durch eine Eigenheimsiedlung und schaute in die Wohnzimmer mit den bodentiefen Fenstern. Überall Weihnachts- und Familienstimmung, überall so, wie man sich Weihnachten vorstellt. Nur bei uns nicht. Ich habe Rotz und Wasser geheult auf diesem Spaziergang, wie so oft. Nichts davon war schön oder erfüllend, es war einfach alles lästig, erniedrigend, frustrierend. An diesem dunklen Heiligabend-Nachmittag fand ich die ganze Babyzeit noch furchtbarer als ohnehin schon. Am nächsten Tag fuhren wir vormittags zu meinen Eltern. Die lange Strecke (3 h) war wie immer nervenaufreibend mit ihm (er schrie teilweise stundenlang im Auto) und das war tatsächlich aus diversen Gründen das letzte Mal, dass wir die Strecke mit ihm fuhren und bei meinen Eltern übernachteten. Beim Mittagessen konnte ihn wenigstens meine Mutter ein wenig abnehmen. Ob meine Eltern ihn am Nachmittag im Kinderwagen herumschoben, weiß ich nicht mehr. Die Nacht war grässlich, weil alles zu turbulent gewesen war, der Große war mehrere Stunden wach und schrie und am nächsten Tag (2. Weihnachtsfeiertag) hatte ich eine fürchterliche Migräne und musste im Bett bleiben. Zum Mittagessen kamen mein Bruder und seine Freundin zu Besuch, ich konnte nicht teilnehmen. Zum Glück kümmerten sich 5 Erwachsene um den Großen. Am nächsten Tag fuhren wir wieder nach Hause und entschieden uns zukünftig gegen solche weiten, anstrengenden Kurztrips mit zu vielen Eindrücken und ungewohnten Umgebungen und für Ruhe für den Großen und damit auch für uns.
Zu den letzten Jahren gibt es hier ein bisschen was zu lesen.
Nun zu diesem Jahr:
Die Kinder besuchten bis zum 23.12. die Kita, ich holte sie etwas früher ab, wir gingen noch mit Freunden ins Cafè und danach spazierte ich mit dem Kindern in den Park. Das war schön und sehr ruhig. Am 24.12. ging ich vormittags bei strahlendem Sonnenschein allein mit den Kindern in den Kinderbauernhof, wo wir Tiere und Filmaufnahmen beobachteten.
Ich weiß nicht, warum, aber beide waren super mies drauf, haben nur gemeckert, gemotzt, gejault, genörgelt, gejammert, geheult. Der Vormittag war ein Albtraum, so schlimm hatte ich es lange nicht mehr mit den beiden gehabt. Mein Mann war vom Morgen eh' schon bedient gewesen und so zogen wir kurzzeitig in Erwägung, den Weihnachtsmann weiterzuschicken. Naja, macht man ja dann doch nicht. Da der Mittagsschlaf später begann und endete, schafften wir es leider nicht mehr in die Weihnachtsmette, die ich eigentlich zum ersten Mal, seit ich Kinder habe, wieder besuchen wollte. In den Jahren vorher hätte es absolut keinen Sinn gemacht. Also machten wir nach der Vesper unsere Bescherung, die Kinder nahmen schnell alle Geschenke in Beschlag und jeder von uns baute mit einem Kind Geschenke zusammen bzw. spielte ausgiebig.
Das Horrorereignis des Heiligabends war, als die Kleine aus purer Langeweile meine jahrelang gehütete, teure erzgebirgische Spieldose angrabschte, runterfallen ließ und diese in tausend Teile zersprang. Das Bild werde ich nie vergessen, wie sie ihr aus den Händen rutscht, fällt und zerschellt. Der Schmerz über diesen so sinnlosen und unnötigen Verlust, verbunden mit der Anspannung des ganzen Tages mit den schlecht gelaunten Kindern machte sich in einem Urschrei und langem Weinen bei mir Luft. Nach einiger Zeit kam die Kleine dann zu mir und legte ihre Ärmchen um mich und war ganz still, als sie sah, wie ich litt. Später spielten wir dann weiter zusammen mit den Kindern, konzentrierten uns aber auf die Hauptgeschenke und legten 2 Geschenke für später beiseite. Das war unser Heiligabend.
Am ersten Feiertag wollten wir mittags in einen Kurzurlaub fahren, so dass ich vormittags packte und mein Mann die Kinder bespaßte. Auch hier spielten sie wieder keine Sekunde allein mit den neuen Spielsachen, die sie sich zum Teil selbst gewünscht hatten, waren aber friedfertig. Nach dem Mittagessen fuhren wir los, die Kinder schliefen und eine Stunde später waren wir schon angekommen. Ich war etwas nervös, weil unser letzter Kurzurlaub ja alles andere als entspannend und friedvoll verlaufen war. Zumal die Kinder im Moment ziemlich fordernd und anstrengend sind. Aber es war eine gute Entscheidung, um dem Weihnachtskoller zu entkommen. Die nächsten Tage waren zumindest von den äußeren Ereignissen her sehr ruhig, relativ entspannt und ausgeglichen. Es war richtig, wegzufahren, und sich keinerlei Druck in punkto Essen, Besuche etc. auszusetzen. Wir spazierten, spielten viel mit den vorher beiseite gelegten Geschenken (besonders Drachen-Rallye
macht richtig viel Spaß), gönnten uns ein leckeres Frühstücksbuffet im Hotel und probierten das hoteleigene Schwimmbad aus. Wir fühlten uns wohl und waren froh über die Abwechslung. Einziger Wermutstropfen war, dass die Kinder wirklich sehr schlecht schliefen und früh wach waren.
Fazit unseres Weihnachtens:
Der Heiligabend war dank schlecht gelaunter Kinder und des Missgeschicks der Kleinen bescheiden, anstrengend und enttäuschend. Die Feiertage dagegen entspannten sich durch einen Kurzurlaub, der insgesamt positiv verlief. Unsere Entscheidung, sich keinerlei Druck durch ausufernde Essensvorbereitungen, Besuchsmarathone, Einladungen etc. auszusetzen, was alle nur stressen würde, war genau richtig für uns. Wir haben nichts vermisst und auch wenn meine Eltern uns sicherlich jedes Weihnachten vermissen, werden wir daran nichts ändern, so lange es für die Kinder bzw. uns alle zu stressig ist. So vermeiden wir gleichzeitig einen Geschenke-Overkill, den ich so gar nicht mag. Ein Paket von meinen Verwandten hatte ich die Kinder bewusst schon vor Heiligabend öffnen lassen, und das Hochbett, über das ich vielleicht an anderer Stelle mal berichten werde, gab es auch schon am 22.12., als wir es zusammen aufgebaut hatten. Unsere Geschenke wurden im Kurzurlaub, wo es kaum andere Spielsachen gab, ausgiebig (mit uns zusammen) bespielt und erwiesen sich als gute Griffe.
Mehr Weihnachten in Bildern 2015 findet ihr bei Geborgen Wachsen
Sonntag, 27. Dezember 2015
4 Kommentare:
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Ich kann dich irgendwie gut verstehen, man wird so von Filme und Werbung geblendet, dass man sich Weihnachten nur so vorstellen kann, bzw erhofft wie man es im Tv sieht, ist es aber nicht.
AntwortenLöschenBei uns ist Weihnachten sehr mit den Tod begleitet, drei Familienmitglieder sind kurz vor und an Weihnachten verstorben. Familienmitglieder die sehr wichtig für uns waren. Und auch dieses Jahr begleitet uns der Tod, da wir kurz vor dem Fest erfuhren das jemand Tod krank ist und wir nun alle unter schock stehen und nur am heulen sind. Aber für die Kinder darf das nicht sein, da dürfen wir nicht in ein Loch der Schmerzen fallen und versuchen unser bestes um glücklich zu sein und eine schöne Zeit zu gestalten.
Wir tragen alle unser Päckchen und sollten die illusion vom perfekten Weihnachten los lassen und einfach es so gemütlich machen wie wir können. ;-)
Lg Nicky
Oh, das tut mir sehr leid, das ist ja wirklich schlimm! Du hast völlig Recht, jeder hat seine Sorgen und Probleme und muss einen Weg finden, damit umzugehen. Ich glaube, dass auch bei vielen anderen nicht alles so perfekt ist, wie es scheint, das liest man zwischen den Zeilen...
LöschenIch wünsche euch, dass eure Weihnachten trotzdem zukünftig auch schöne Erlebnisse beinhalten und dass ihr Kraft findet, um der Nachricht klarzukommen.
Liebe Grüße!
Wir zwei haben denke ich mehr gemeinsam als man vielleicht auf den ersten Blick beim Lesen unserer Blogs denken würde ;) Wie du das erste Weihnachten mit eurem Großen und euren ,,Zwangsspaziergang" beschreibst, das könnten so ziemlich auch meine Gefühle und Gedanken sein. Ich fühle mich verdammt oft genauso. Wahrscheinlich habe ich mir nur irgendwann angewöhnt, das nicht so direkt vor anderen zuzugeben, bzw. es nur zwischen den Zeilen mitschwingen zu lassen. Manchmal ist es aber vielleicht besser nicht in jeder Situation um jeden Preis optimistisch zu bleiben. Wenn etwas halt scheiße ist, warum es nicht auch so nennen? ;) Danke für diesen Post, er hat mich im positiven Sinne nachdenklich gestimmt
AntwortenLöschenDu Liebe, Deine Kommentare gehören wirklich zu den herzlichsten und individuellsten, die ich von anderen Bloggerinnen bekomme! Ich danke Dir sehr! Das geht sicherlich vielen so, dass sie das Unschöne verdrängen und verschweigen. Ist auch okay und menschlich, aber nicht jeder kann das eben. Ich nicht;) Ich lese Deinen Blog gerade sehr gern, weil Du immer das Positive rausziehen kannst, aber ohne Friede-Freude-Eierkuchen-Gerede.
LöschenIch wünsche Dir ein wunderbares Jahr 2016 und danke Dir für Deine Herzlichkeit und Treue!
Liebe Grüße!