Nach dem Einführungskapitel über Hochsensibilität im Allgemeinen folgen drei umfangreiche Kapitel, die die Lebensphasen von kleinen Kindern behandeln und auf spezielle Herausforderungen in diesen Phasen eingehen. Es wird das Baby- und Kleinkindalter, das Kindergartenalter und das Grundschulalter beschrieben. Danach folgen "Überlebensstrategien im Alltag" sowie Kopiervorlagen für Pädagogen und Bezugspersonen hochsensibler Kinder und ein Test. Im ganzen Buch finden sich Fallgeschichten und Berichte von Eltern zu bestimmten Situationen, die im Leben mit einem hochsensiblen Kind auftreten und herausfordernd sein können, z.B. Urlaub, Kälte, Hunger etc. Die Autoren haben auch eine spezielle Webseite zum Informieren und Weiterlesen eingerichtet: https://www.hochsensibleskind.org/.
Wer ein Schreibaby hat, bei dem sich keinerlei körperliche Ursachen finden lassen, der findet in diesem Buch einige hilfreiche Anregungen, wie der aufreibende Alltag mit solch einem Kind entstresst und erleichtert wird. Wer ein Kleinkind hat, das sich mit der Kita-Eingewöhnung extrem schwer tut, der erhält Tipps für eine sanfte Eingewöhnung, die sich an den speziellen Bedürfnissen hochsensibler Kinder orientiert. Fast alle Herausforderungen, die mit hochsensiblen Kindern auftreten können, werden angesprochen, z.B. die Themen Schlaf, Essverhalten, Kleidung, Kranksein, Waschen, Medizin, Medienkonsum, Ängste, Sozialverhalten etc. In jedem Bereich liefern die Autoren kurze Erklärungen für bestimmte Schwierigkeiten und gleichzeitig auch Anregungen für einen konstruktiven Umgang der Eltern und Bezugspersonen damit. Besonders originell und hilfreich fand ich die kurzen Sequenzen zu Kindergeburtstagen, zu Gesellschaftsspielen und zum Zahnarztbesuch sowie zum Thema Brillenträger, wozu ich meiner Erinnerung nach noch nie etwas in Hinblick auf hochsensible Kinder gelesen hatte. Wirklich toll!
Danach geht es mit dem Thema Schule weiter, einem für alle, aber besonders für hochsensible Kinder heiklen Übergang, dessen Gelingen an vielen verschiedenen, oft nicht beeinflussbaren Faktoren hängt. Die Autoren plädieren nicht für eine bestimmte Schulform, regen aber an, sich im Vorfeld gründlich mit verschiedenen Schulen zu befassen und genau hinzuschauen, was das Kind speziell braucht und was ihm helfen würde. Möglicherweise ist eine alternative Schule besser geeignet als eine staatliche, aber vielleicht sind auch andere Umstände wichtiger:
Letzteres war beispielsweise bei uns der Fall: für meinen Sohn waren die Kontinuität des äußeren Umfelds, die bekannten sozialen Kontakte und nicht zuletzt die klare Struktur an seiner Regelschule eine große Hilfe bei seinem erfolgreichen Schulstart. Für ein anderes hochsensibles Kind mögen sicherlich andere Kriterien entscheidend sein."Nicht zuletzt kann es für einen guten Start eures Kindes in seine Schullaufbahn aber auch entscheidender sein, mit befreundeten Kindern aus dem Kindergarten in dieselbe Klasse zu gehen." (S. 111)
In dem Kapitel Schule wird auf verschiedene Probleme wie Erschöpfung, psychosomatische Beschwerden, Leistungsdruck, Überreizung, Mobbing, Unverständnis, Perfektionismus etc. eingegangen, ebenso auf den Unterschied zwischen Hochsensibilität und ADHS. In sehr plastischen Fallgeschichten erkennt man sich und sein Kind oft wieder und erhält gleichzeitig Tipps für den Umgang mit Schwierigkeiten.
Zum Schluss folgen die "Überlebensstrategien im Alltag". Dort sind zum Beispiel Ratschläge zur geeigneten Kinderzimmereinrichtung für ein hochsensibles Kind, für Umzüge und deren Vorbereitung und Strategien zum Stressabbau zu finden. Viele Anregungen und Tipps sind aber auch schon in den vorhergehenden Kapiteln enthalten. Es gibt am Ende auch eine kurze Passage zum Thema "Was können Eltern für sich tun?", ein Bereich, den man keinesfalls ausklammern sollte, da es im Zusammenleben mit hochsensiblen Kindern essentiell wichtig ist, auch auf die eigenen Ressourcen zu achten.
Die Kopiervorlagen für Erzieher/ Betreuer/ Lehrer von hochsensiblen Kindern sowie ein Test für die Eltern, um einzuschätzen, ob ihr Kind hochsensibel sein könnte, runden das Buch ab.
Mein Fazit:
Die Autoren von "Alle Antennen auf Empfang"* haben sehr viele praktische Hilfestellungen und Geschichten von Eltern hochsensibler Kinder zusammengetragen und gebündelt. Das Buch ist wunderbar praxisnah, empathisch und mit einem liebevollen Blick geschrieben. Das Layout finde ich persönlich sehr ansprechend, es macht Freude, das Buch zur Hand zu nehmen und darin zu blättern.
Als ausführliche Einführung in das Thema Hochsensibilität ist das Buch nicht gedacht, die Einleitung fällt wirklich sehr knapp aus. Wenn man aber konkrete Hilfestellungen und Strategien für spezielle, immer wiederkehrende Schwierigkeiten im Zusammenleben mit hochsensiblen Kindern sucht, wird man hier fündig. Man erfährt, dass auch andere Eltern vor bestimmten Problemen stehen, die mit nicht hochsensiblen Kindern nicht existieren, und fühlt sich verstanden.
Ich selbst habe mir im Laufe der Jahre viele nützliche Strategien für den Umgang mit meinem Sohn selbst erarbeitet oder zufällig herausgefunden. Wir sind mittlerweile ein ganz gut aufeinander eingespieltes Team. Einige "Baustellen" gibt es zwar noch, bei denen auch keine der im Buch beschriebenen Strategien hilft, aber insgesamt weiß ich, worauf ich bei ihm achten muss. Das war aber ein jahrelanger Prozess des Suchens und Erkennens, den solch ein Buch hätte erleichtern können. Für Eltern, die sich gerade am Anfang des gemeinsamen Weges mit ihrem hochsensiblen Kind befinden, ist das Buch sehr bereichernd.
Ich empfehle das Buch deshalb sehr gern als - wie es im Untertitel steht - praktischen Ratgeber für Eltern hochsensibler Kinder.
Die Eckdaten:
Mondstein, Mira/ Wallow, Deva: Alle Antennen auf Empfang. Der praktische Ratgeber für Eltern von hochsensiblen Kindern*, Humboldt Verlag, August 2018, 184 Seiten, ISBN 978-3869106410, 19,99 €
Vielen Dank an den Humboldt Verlag für das Rezensionsexemplar.
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Copyright Bilder: Humboldt Verlag, Frühlingskindermama
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