Montag, 19. Juni 2017

Ein eigenes Kinderzimmer für die Kleine

Manchmal muss man sich von Vorstellungen verabschieden, an die man geglaubt hat, die sich aber nicht bewährt haben. Ich war z.B. lange Zeit ein überzeugter Verfechter eines gemeinsamen Kinderzimmers für meine beiden Kinder. Erstens deshalb, weil wir einfach wenig Platz in unserer 90 qm-Wohnung haben, aber auch weil ich denke, dass Kinder in einem gemeinsamen Kinderzimmer viele soziale Fähigkeiten wie Rücksichtnahme und Anpassungsfähigkeit lernen können. Das setzt aber voraus, dass sich die Kinder auch verstehen, zusammen spielen können und aneinander hängen. Bekanntlich ist das bei meinen Kindern nicht unbedingt der Fall, sie sind sehr verschieden und behindern sich eher gegenseitig, als gemeinsam zu spielen. Hier habe ich über ihre Geschwisterbeziehung geschrieben. Wir hatten die Hoffnung, dass sie sich durch ein gemeinsames Kinderzimmer annähern würden. Stattdessen sind dadurch erst viele Konflikte entstanden.


Als die Kleine ein Jahr alt war (Mai 2014), räumten wir die Wohnung um und richteten für beide ein gemeinsames Spielzimmer ein, in dem der Große auch schlief. Die Kinder bekamen das mit 20 qm größte Zimmer der Wohnung und wir schränkten uns etwas ein. Die Kleine schlief weiterhin bei mir, später stellten wir ihr Kinderbett zwar auch ins Kinderzimmer, aber sie wollte trotzdem weiterhin nur bei mir schlafen. Nach und nach kamen ihre Spielsachen dazu, zu Weihnachten 2015 auch ein Hochbett und es wurde immer als gemeinsames Kinderzimmer von uns proklamiert. Sie ging auch zum Spielen hinein, aber ich glaube, sie fühlte sich trotzdem immer wie ein Gast darin. Gefühlt war es das Zimmer des Großen, obwohl beide Namen an der Tür standen. Als die Kleine vor kurzem die ersten Gastkinder hatte, fragten diese gleich, wo denn ihr Zimmer sei. Da sie auch viel im Wohnzimmer spielte, vor allem, als sie noch kleiner war, befanden sich im Wohnzimmer einige größere Spielzeugsachen. Ihr Besitz war also überall verteilt und sie hatte keine richtige Anlaufstelle in der Wohnung. Früher war das kein Problem, aber je älter sie wurde, umso komischer wurde das.

Dazu kommt, dass die beiden wirklich überhaupt nicht miteinander spielen können. Leider beschäftigen sie sich aber auch nicht einzeln nebeneinander, sondern kleben aneinander, nerven, ärgern und piesacken sich. Die Kleine möchte gern mit dem Großen spielen und erwartet, dass er sich mit ihr abgibt. Der Große hat noch nie wie ein "normales" Kind gespielt und erwartet Bespaßung von einem Erwachsenen. Die Kleine stört ihn eher bzw. setzt ihn unter Druck mit ihrer Erwartungshaltung. Sind beide zusammen im Kinderzimmer, dauert es keine Minute, bis es Geschrei gibt. Die Kleine zetert, der Große ist genervt und wir müssen einschreiten und sie trennen. Das stresst uns unheimlich und schafft viel Unfrieden. Früher haben wir noch gedacht, das wird schon noch und sie werden sich zusammenraufen. Wir hatten auch die Hoffnung, das gemeinsame Kinderzimmer würde dazu beitragen. Nach nun 3 Jahren haben wir den Versuch aufgegeben.

Wenn der Große im September in die Schule kommt, wird er nachmittags sicher ziemlich kaputt sein und seine Ruhe brauchen. Die Kleine wird ihn stressen, wenn sie im Kinderzimmer spielt und er Hausaufgaben machen will. Ich werde nur damit beschäftigt sein, die beiden auseinanderzuhalten. Der Große möchte, wenn er seinen Freund zu Besuch hat, die Tür zum Kinderzimmer schließen. Die Kleine möchte mitspielen. Die Kleine möchte auch Besuch empfangen und ihr Spielzeug an einem Ort präsentieren, anstatt es in verschiedenen Zimmern zusammenzusuchen. All diese Überlegungen und Erfahrungen brachten mich dazu, ein eigenes Kinderzimmer für die Kleine in Betracht zu ziehen. Und da wir nur 4 Zimmer haben (Wohnzimmer, Schlafzimmer, Kinderzimmer, Arbeitszimmer), gab es nur die Möglichkeit, das Schlafzimmer (11 qm) aufzulösen bzw. umzuwandeln, wo die Kleine und ich bis jetzt zusammen geschlafen hatten und was nur nachts genutzt wurde. Alle anderen würden dadurch nicht beeinträchtigt. Da es auch weiterhin ihr Wunsch ist, dass ich bei ihr schlafe, konnte das auch genauso gut ihr Kinderzimmer werden, in dem ich dann eben mit schlafe. Ich brütete ein paar Monate über dieser unkonventionellen Variante, aber es gab keine andere Lösung. Auch wollte ich es nicht soweit kommen lassen wie bei einem Freund von meinem Großen, der vor kurzem die Spielsachen seiner kleinen Schwester aus "seinem" Kinderzimmer rausgeschmissen hat. Also suchte ich ein entsprechendes Bett für das schmale Zimmer, überlegte, welche Möbelstücke und welches Spielzeug zu ihr wandern würden und überzeugte den Rest der Familie.

In der vergangenen Woche war der Große auf Kitafahrt und das war eine gute Gelegenheit für die Umräum-Aktion. Denn die Kleine und ich konnten in diesen Tagen in seinem Kinderzimmer schlafen, ebenso konnten wir dort Möbel zwischenlagern, der Mann konnte abends im Zimmer werkeln, da nur ein Kind zu Bett gebracht werden musste, und alles war stressfreier als mit zwei Kindern. Zwei Tage vorher kauften wir noch Wandfarbe und einen neuen Teppichboden, was gar nicht so einfach war. Am Montag verabschiedete sich der Große auf Kitafahrt, den Rest der Woche brachte ich die Kleine in die Kita und holte sie auch ab, damit der Mann früh auf seiner Arbeit anfangen und nachmittags in der Wohnung werkeln konnte. Es war eine arbeitsreiche (vor allem für den Mann), aber nervlich unanstrengende Woche, da es mit einem Kind hier immer deutlich ruhiger ist. Die Kleine und ich machten uns morgens in aller Ruhe fertig, wo sonst immer Familienchaos und Stress vorherrschen. Auch die Nachmittage waren recht entspannt mit ihr und abends war eben nur ein Kind ins Bett zu bringen.

Die Kleine staunte jeden Tag darüber, was passierte, und wie ihr Zimmer immer mehr Formen annahm. Es war echt süß, wie sie sich freute, mithalf und alles in Beschlag nahm. Ich glaube, sie merkte dann erst selbst, wieviele Spielsachen ihr gehörten, waren diese doch früher überall verstreut. Den letzten Handschlag machte der Mann tatsächlich erst am Freitag Vormittag, bevor er den von seiner Kitafahrt zurückkehrenden Großen mittags vom Bus abholte. Als dieser nach Hause kam, staunte er nicht schlecht. Alles, was der Kleinen gehörte, war nun aus seinem Kinderzimmer raus, dafür waren andere Dinge hineingewandert. Und von Freitag zu Samstag schliefen wir zum ersten Mal im neuen Zimmer. Es ist eng, da das Zimmer sehr schmal ist, und noch nicht alles ist hundertprozentig praktikabel, aber es ist sehr gemütlich und nun wirklich ein eigenes kleines Reich für die Kleine, die als Zweitgeborene immer das Nachsehen hatte, nicht zuletzt deshalb, weil sie immer bei mir schlafen wollte und keine Notwendigkeit für ein eigenes Zimmer bestand.



Ich bin wirklich froh, dass wir das nun gemacht und geschafft haben und jedes Kind sein eigenes Revier hat. Ja, das war ursprünglich nicht meine Vorstellung und schränkt uns Erwachsene, vor allem mich, noch mehr ein als ohnehin schon. Angst habe ich z.B. vor Krankheiten meinerseits, da ich nun gar keinen Rückzugsort mehr für mich habe. Wir müssen sehen, wie das dann funktioniert. Ich hoffe aber, dass es die schwierige Geschwisterbeziehung etwas entzerrt, der Große mehr Ruhe nach seinem Schulstart hat und die Kleine sich zurückzieht und mehr auf ihr eigenes Spiel besinnt. Ich selbst hatte bis zum 15. Lebensjahr überhaupt kein eigenes Zimmer, da meine Familie zu viert in einer Zwei-Zimmer-Wohnung mit Wohn- und Schlafzimmer lebte, und nein, das war nicht angenehm. Im Nachhinein frage ich mich, warum meine Eltern nicht einfach im Wohnzimmer schliefen und uns beiden Kindern das Schlafzimmer überließen. Aber die Zeiten waren eben anders, und die Bedürfnisse von Kindern weniger wert. Wir haben uns nun so entschieden, gegen unseren ursprünglichen Plan eines gemeinsamen Kinderzimmers, und ich bin gespannt, ob und wie sich das Zusammenleben verändern wird.

Wie ist das bei euch, haben eure Kinder ein gemeinsames oder getrennte Kinderzimmer, wie klappt das und ist es so, wie ihr euch das vorgestellt habt?

6 Kommentare:

  1. Liebe Frühlingskindermama, für mich hört sich das nach einer guten Entscheidung an. Wir haben das Glück, dass wir für jedes unserer 3 Kinder ein eigenes Zimmer haben. Für uns ist das auch die beste Lösung. Gespielt wird zwar von allen in allen Zimmern, aber wenn es darauf ankommt, hat jeder seinen Rückzugsort, und das ermöglicht ein stressfreieres Miteinander. Von unseren Kindern wurde auch noch nie der Wunsch geäußert, ein Zimmer gemeinsam zu haben.
    Beim Lesen deines Artikels habe ich noch gedacht, ob ihr nicht eine Schlafcouch ins Arbeitzimmer stellen könnt? Dann hättest du dort notfalls einen Rückzugsort. Oder schläft da der Mann? Vielleicht könntet ihr in Notfällen dann einfach tauschen, dass er bei der Kleinen schläft? Irgendwie bekommt ihr das bestimmt hin. Die Vorhänge im neuen Zimmer finde ich übrigens wunderschön! Liebe Grüße!

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    1. Hallo, ja, auf der Schlafcouch im Arbeitszimmer schläft mein Mann, damit alle genügend Schlaf bekommen. Die Kleine wacht durchaus noch öfter nachts auf. Ich denke auch, dass wir bei Krankheit einfach tauschen werden. Mal sehen, ob sie das zulässt;-)
      Schön, dass ihr für jedes Kind ein Kinderzimmer habt. Ich glaube, manche Kinder brauchen das gar nicht, aber andere eben doch. Ist doch toll! Ich hoffe auch auf ein stressfreieres Miteinander;-)
      Liebe Grüße!

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  2. Hey meine Liebe! Unsere Kinder haben getrennte Zimmer, wobei das Zimmer der Kleinen mit knapp über 8 qm echt winzig ist. Gespielt wird aber oft im Zimmer des Großen, meistens aber noch im Wohnzimmer, da wir auf 2 Etagen Leben und es so am praktischsten ist.

    Ich selbst damals habe mir mit meinem Bruder ein Zimmer geteilt, bis ich 12 wurde, dann ging es einfach nicht mehr und meine Eltern schliefen tatsächlich im Wohnzimmer. Hat auch funktioniert.

    Ich wünsche Euch, dass jetzt ein bisschen mehr Ruhe einkehrt und freue mich für die Kleine, dass sie jetzt ihr eigenes Reich hat, worauf sie sicher ganz stolz ist.

    Liebe Grüße
    Nadine

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    1. Dankeschön, du Liebe! Ja, ich hoffe auch, dass es perspektivisch etwas bringt. Mir geht es jedenfalls erstmal besser mit der Entscheidung und Umsetzung, man wird sehen, ob es funktioniert.

      Das finde ich ja toll, dass Deine Eltern das gemacht haben! Ist nicht selbstverständlich für die Generation unserer Eltern. Seid froh, dass ihr genügend Platz habt, wir platzen hier echt aus allen Nähten...
      Liebe Grüße!

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  3. hallo
    ich muss ja zugeben, sowohl als kind als auch als erwachsener fi de ich,solange es nicht anders geht, den gedanken an geteilte kinderzimmer eher geauenhaft. du schreibst oft woe sehr die der rückzug und mal etwas ruhe fehlt. auch kinder brauchen ihren rückzugs ort. mit geteilten zimmmern gejt das aber nicht. "kompetenzen" lernen sie auch so als geschwister, aber ein eigener bereich wo man sich selber ausleben kann einfach mal seine Ruhe haben kann und keinen sehen oder sprechen muss sind genauso wichtig. manche kinder kommen nunmal besser oder schlechter miteinander aus. seine familie kann man sich nunmal nicht aussuchen und wenn 2 Charakter aufeinander prallen dann kann das schnell zu dauerhafter spannung führen wenn diese sich nicht aus dem weg gehen können. brrr mir stellt es eher die Haare auf bei dem Gedanken dass ich nirgendwo meine ruhe hätte.. warum ein gemeinsames kinderzimmer von vielen eltern so ersehnt wird weiss ich nicht.. kch behaupte mal das es deine beiden auf dauer sogar friedlicher stimmen wird wenn sie nicht immer aufeinander hocken müssen :)
    lg W.

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    1. Ja, Du hast ja Recht, aber das Schlafzimmer war bisher sowas wie MEIN Rückzugsort und den habe ich nun endgültig aufgegeben, zugunsten meiner Kinder. Dafür hoffe ich, dass ich ein wenig mein Wohnzimmer wiederbekomme, denn dort steht nun kein Kinderspielzeug mehr ;-)
      Es gibt ja Kinder, die sich super verstehen und problemlos ein Zimmer teilen können. Wir dachten wirklich, das würde funktionieren. Es ist halt auch einfach dem Platzmangel geschuldet gewesen.
      Nun werden wir sehen, inwiefern sich die Dynamik verändert.
      Viele Grüße!

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