Freitag, 26. Dezember 2014

Weihnachtskoller

In diesem Leben werde ich kein Freund mehr von Weihnachten mit kleinen Kindern. Der Weihnachtskoller hat voll zugeschlagen. Die Kita hat 2 Wochen geschlossen und wir hocken 24 Stunden am Tag aufeinander. Natürlich versuchen wir viel zu unternehmen, aber das ist erstens wetterabhängig und zweitens bedeutet das nur Abwechslung, nicht Freiraum. Da wir in Anbetracht der Kinder seit Jahren jegliche turbulenten Besuchsorgien vermeiden, sämtliche Freunde aber verständlicherweise mit ihren jeweiligen Familien feiern, sind wir über die Weihnachtstage jedes Jahr komplett auf uns zurückgeworfen. Das bedeutet: Einsatz nonstop, keine Pause, das Haushalts-Hamsterrad dreht sich permanent und die Kinder werden immer lauter und wilder aufgrund des Mangels an externem Kinderentertainment (Kita, Freunde). Ein fataler Kreislauf. Unsere Nerven liegen blank und man wünscht sich insgeheim einen Job, wo man an Feiertagen arbeiten muss...

Rückblick:

Unsere Weihnachten, seit wir Kinder haben, sind eigentlich nie so verlaufen, wie wir es uns gewünscht und vorgestellt hatten. Das 1. Weihnachten (2011) mit dem Großen, damals knapp 10 Monate alt, stand durch die Schwierigkeiten mit ihm sowieso unter keinem guten Stern. Er schlief zu dem Zeitpunkt nur im fahrenden Kinderwagen ausreichend lange, so dass am Vormittag des 24. Dezember mein Mann mit ihm 2 Stunden spazieren lief, während ich haushaltete und kochte, und am Nachmittag ich. Dass dies kein schöner Heiligabend war, liegt auf der Hand. Allein mit dem Kinderwagen durch den Nieselregen und die Kälte laufend, sah ich überall selige Menschen aus der Kirche kommen, fröhliche Kinder in Wohnungen unterm Weihnachtsbaum sitzen oder Paare mit Geschenken auf Besuch gehen. Ich glaube, ich habe die Hälfte der Strecke nur geweint. Zuhause machten wir dann die kleine Bescherung und das weitere übliche Programm....
Am nächsten Tag fuhren wir zu dritt zu meinen Eltern, wo es viel zu trubelig für den Großen war, was sich in einer mehrstündigen Wach- und Schreiphase in der Nacht äußerte. In einer fremden Umgebung ist das nochmal schlimmer als daheim. Am 2. Weihnachtsfeiertag hatte ich dann Migräne. Das war unser unglückliches erstes Weihnachten mit dem langersehnten Baby. Danach entschieden wir, dass wir bis auf Weiteres nicht mehr zu meinen Eltern zum Übernachten fahren. Bis heute hat sich daran nichts geändert.

Das 2. Weihnachten (2012) war insgesamt nicht ganz so durchwachsen. Der Große freute sich über seine Geschenke, aber das erhoffte stundenlange Spielen blieb aus. Am 2. Feiertag kamen meine Eltern zu Besuch und blieben 3 Tage. Am letzten Tag übernahmen sie den Großen ganztags und wir gingen in eine Ausstellung, schön essen und danach ins Kino. In meiner Erinnerung ist das der erste ganze Tag (8h), den ich wirklich "frei" von meinem Großen hatte. Er war da knapp 22 Monate alt! Er ging zwar täglich 6h in die Kita, aber die Verantwortung mal komplett abzugeben, war schon eine andere Dimension von Freiheit. Danach war ich so traurig, dass ich zuhause einen Zusammenbruch hatte. Das konnte natürlich keiner verstehen, wo ich doch gerade Zeit für mich/uns gehabt hatte. Durch das Unverständnis der Familie, die mir noch Undankbarkeit vorwarf, schaukelte sich die ganze Situation extrem hoch und gipfelte in meinem verzweifelten Ausruf: "Ich will mein altes Leben zurück!" Genauso habe ich das oft genug empfunden, aber bis man so etwas ausspricht, muss schon eine enorme Portion Verzweiflung aufgestaut sein. Meine Eltern reisten verstört ab. Ich war zu dem Zeitpunkt schon schwanger mit der Kleinen. Nach Neujahr flogen wir auf die Kanaren, was dann wiederum zwei wundervolle Wochen waren.

Das 3. Weihnachten (2013) war von der schwierigen Koordination eines Mittagsschläfers (Großer) und einer Vor- und Nachmittagsschläferin (Kleine, damals knapp 8 Monate) geprägt. Die Bescherung ging im Prinzip so vonstatten, dass jedes Elternteil sich einem Kind widmete und mit diesem zusammen die Geschenke in Augenschein nahm und bespielte. Am 2. Feiertag fuhren wir für ein paar Tage in einen kleinen Ferienpark. Das war zwar eine nette Abwechslung, wegen der ausgeprägten und kräftezehrenden Trotzanfälle des Großen aber sehr anstrengend. Ein schönes Erlebnis an diesem 3. Weihnachten war der Besuch des Roncalli Weihnachtszirkus, den ich allein mit dem Großen absolvierte. Am 2. Januar startete dann schon meine Arbeit wieder, auf die ich mich wirklich freute. Nach diesen Weihnachtstagen fiel der Einstieg nochmal leichter.

Und dieses Jahr? Bis Heiligabend hatte ich viele Verabredungen organisiert, damit die Zeit nicht zu lang wird. Seitdem sind wir nun allein. Mein Mann sollte bei einer befreundeten Familie Weihnachtsmann spielen, und als er zurückkam, machten wir unsere Bescherung. Die Kinder freuten sich zwar über ihre Geschenke, aber die große Spielwut setzte leider nicht ein. Im Gegenteil: gegen Abend waren die neuen Sachen schon uninteressant und wurden mit Füßen getreten. Wir waren ziemlich frustiert. Bedenkt man, wieviel Freizeit, Mühe und Herzblut man ins Ausdenken, Aussuchen und Besorgen der Geschenke steckt, ist das auch verständlich. Dank oder Wertschätzung kann man vielleicht noch nicht erwarten, aber zumindest erhofft man sich Lust und Freude am Beschäftigen mit den neuen Dingen. Wir hatten die Menge auch extra übersichtlich gehalten, damit es nicht zu einer Reizüberflutung kommt. Ebenso wie wir die Tage ruhig und übersichtlich gestaltet hatten. Mit jeweils einem Highlight und ansonsten viel Zeit zum Spielen. Aber die Laune der Kinder war besonders am 1. Feiertag unterirdisch. Keine Lust auf irgendwas, nichts war recht, sie terrorisierten abwechselnd sich gegenseitig und uns. Zwar beschäftigen sie sich zeitweise miteinander, aber dies bedeutete meist Piesacken und Ärgern, verbunden mit dem entsprechenden Lärm- und Stresspegel. Da sie zur Zeit nur sich selbst haben, müssen sie wohl all das ausleben, was sie sonst in der Kita geboten kriegen. Die schönen Geschenke jedoch liegen unbeachtet im Wohnzimmer.

Für meinen Mann sind der Lärm und die Unruhe das Schlimmste in diesen Tagen. Für mich sind es die fehlenden bzw. viel zu kurzen Auszeiten, die ich eigentlich bräuchte, um zu mir zu kommen und Energie zu tanken. Dies kompensiere ich, indem ich zur Zeit viel zu spät ins Bett gehe, was natürlich zu Lasten eines ausreichenden Schlafes geht. Aber der Abend ist die einzige Zeit, wo ich mal ungestört für mich bin. Ich fühle mich wiedermal extrem fremdbestimmt und freiheitsberaubt. Das macht mich innerhalb kurzer Zeit aggressiv und depressiv zugleich. Ich versuche, die meisten dieser Emotionen vor den Kindern zu unterdrücken. Aber sie werden dadurch nicht weniger. Ich weiß auch, dass es ein begrenzter Zeitraum ist. Aber wenn man unvoreingenommen bedenkt, dass mir manchmal schon ein normales Wochenende zuviel ist, dann kann man sich vielleicht vorstellen, was 16 Tage fast ohne Entlastung für mich bedeuten.

Morgen fahren wir nun für ein paar Tage weg. Ich bin froh drum. Ein Ortswechsel wird hoffentlich allen gut tun.

8 Kommentare:

  1. Ich wünsche Dir, euch, dass der Ortswechsel hilft. Und ich hoffe, dass ihr in Zukunft mehr Menschen findet, die euch in solchen Zeiten entlasten können. Ansonsten hat es mir tatsächlich geholfen, nicht zu erwarten, dass mein Kind (ist halt auch nur eins, klar dass das einfacher ist) irgendetwas macht/nicht macht. Denn letztendlich muss ich ja die Verantwortung für die Stimmung übernehmen. Sagt aber keiner, dass das immer leicht ist.

    Liebe Grüße
    Julia

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    1. Liebe Julia,

      vielen Dank für Deinen Kommentar. Das Problem mit der Entlastung ist halt, dass die meisten Freunde über Weihnachten andere Verpflichtungen haben. Zu meinen Eltern können wir aus Platzmangel nicht fahren und wollen es auch nicht, weil das eher eine zusätzliche Belastung wäre. Die Kinder brauchen auch immer einige Zeit, bis sie mit einer neuen Umgebung vertraut sind (da, wo wir jetzt gerade sind, waren wir dieses Jahr schon mehrmals und hier ist ihnen alles vertraut...).
      Die Reduzierung der Erwartungshaltungen ist sicherlich ein richtiger Tipp, aber immer wieder schwierig umzusetzen (obwohl ich dran arbeite). Und die Stimmung positiv beeinflussen kann ich persönlich nur, wenn ich Energie und Spaß habe und nicht so genervt und ausgelaugt bin. Naja, beim nächsten Weihnachtsfest sind die Kinder schon wieder 1 Jahr älter und es wird hoffentlich etwas gemütlicher.

      Lieben Gruß
      Frühlingskindermama

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  2. Hallo Frühlingskindermama!
    Das klingt ja alles ziemlich schlimm. Da fragt man sich doch sicher manchmal, warum man Kinder hat, oder? Du wünscht dir ja auch oft dein altes Leben zurück. Es klingt jedenfalls oft so in deinen Blogeinträgen, als wären deine Kinder mehr eine Last, als etwas Schönes. Wie macht ihr das eigentlich? Spielt ihr auch zusammen mit den Kindern oder erwartet ihr mehr, dass sie sich selbst mit den Spielsachen beschäftigen? Bei meiner Tochter (sie ist grad zwei geworden) ist es meist so, dass sie sich alleine nicht so gerne mit Spielsachen beschäftigt. Einfach in eine Ecke setzen und sie spielt, ist fast nie. Wenn man aber zusammen mit ihr spielt und sich mit ihr beschäftigt, freut sie sich total. Ich glaube das ist auch wichtig für den Lernprozess. Zwar würde ich auch gerne manchmal was anderes machen (oder einfach für mich sein), aber dann muss das eben warten. Aber wahrscheinlich können mich da die wenigsten verstehen, dass mein Kind noch nicht in die KITA geht und ich (zumindest noch) gerne Vollzeitmama bin.

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    1. Hallo,
      vielen Dank für Deinen Kommentar. Ja, das frage ich mich tatsächlich oft. In der langen Kinderwunschzeit hat man sich das alles so schön vorgestellt und das Leben mit den Kindern sieht aber nun ganz anders aus. Ich denke aber, es wird aus meinen bisherigen Posts auch hervorgegangen sein, dass zumindest mein Großer kein einfaches Kind ist.
      Zum Spielen: ja, wir spielen sehr viel zusammen, da sich beide Kinder auch nur sehr wenig allein beschäftigen. Wenn wir dann aber 2 Stunden gespielt haben, erwarten wir schon, dass sie auch mal für eine halbe Stunden alleine spielen, damit wir mal was im Haushalt oder für uns machen können. Pustekuchen! Leider ist es auch wirklich schwierig, den fast 4-jährigen Großen, mit dem man sich schon länger ruhig beschäftigen kann (Puzzeln, Kneten, Malen, Vorlesen) mit der 1,5-jährigen Kleinen in Einklang zu bringen. Die Kleine bringt für solche ruhigen Spiele noch nicht die nötige Geduld auf, was für uns heißt, dass meist mein Mann mit dem Großen und ich mit der Kleinen spiele. Das bedeutet, keiner von uns hat Zeit für sich. Ich kann nur hoffen, dass sich das in absehbarer Zeit ändert und es reicht, wenn sich einer von uns mit beiden Kindern beschäftigt.
      Vollzeitmama war ich noch nie gerne und werde es auch nie sein. Aber da sind die Mütter so unterschiedlich und kein Weg ist der Richtige oder Falsche. Jeder muss versuchen, so zu leben, dass er/sie halbwegs zufrieden ist. Ich habe so viele Bedürfnisse und Interessen neben meinen Kindern, dass ich sehr darunter leide, diese so zurückzustecken.

      Liebe Grüße,
      Frühlingskindermama

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    2. Vielen dank, für deine ausführliche Antwort! Ja, ich denke auch, jeder hat unterschiedliche Bedürfnisse und so ist es ja zum Beispiel auch schon bei deinen Kindern, deshalb ist es mit zwei Kindern sicherlich auch noch wesentlich schwieriger, da auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen. Nicht umsonst heißt es "double trouble". :o)
      Ich habe vor allem das erste Jahr als sehr kräftezehrend erlebt. So zwischen dem 6.Monat bis sie ca. 1,5 Jahre war, bin ich viel und oft an meine Grenzen gestoßen bzw musste sie auch oft überschreiten, was mir nicht gut getan hat. Jetzt, wo sie schon etwas älter ist, wird es etwas besser, weil sie auch immer selbständiger wird. Aber ich denke, Kinder groß zu ziehen ist immer anstrengend, nur wir als HSP brauchen einfach mehr Auszeiten, um auftanken zu können. Ich kann das aber zum Beispiel auch immer gut beim Spazieren, wenn die Kleine im Kinderwagen schläft. Diese kleinen Auszeiten sind immer sehr wichtig für mich. Fehlt das, weil sie schon früh entweder gar keinen Mittagsschlaf mehr machen wollte oder nur nach stundenlangem Theater, weil sie müde war aber nicht schlafen wollte, dann war mein Stresspegel gleich wesentlich höher. Trotzdem erfüllt mich die Mutterrolle auch in einer Art und Weise, wie es kein Job bisher tun konnte. Irgendwas wollte ich noch sagen. Ach so, ja. Ich glaube aber, weil ich jetzt schon merke, dass ich gut ausgelastet bin, möchte ich zumindest momentan kein weiteres Kind. Ich glaube, damit fahren wir besser, auch wenn ich oft denke, dass ein Geschwisterchen für die Kleine gut wäre... aber ich muss da auch etwas an mich denken, denn sonst hat niemand etwas davon und es artet nur in Stress aus.

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  3. Ich hoffe, dir geht es wieder ein wenig besser. So ein Tapetenwechsel kann ja schon kleine Wunder bewirken. Ich kann Deine Gefühle übrigens gut nachvollziehen. Auch mich macht die permanente Dauerfremdbestimmung manchmal aggressiv. Mit 2 kleinen Kindern ist das sicherlich nochmal um einiges heftiger. Darum wünsche ich dir viel Ruhe und Kraft, um den Alltag zu meistern und dennoch bei dir zu bleiben.

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    1. Liebe Teilzeitmutter,

      lieben Dank für Deinen Kommentar und Dein Verständnis, das so gut tut. Man fühlt sich ja selbst schon so schlecht dabei, aber es ist nun einmal so und totschweigen oder nivellieren war noch nie meine Devise;)
      Manchmal möchte ich ja bei anderen Familien mal Mäuschen spielen, ob deren Kinder auch so anstrengend sind oder sie einfach nur bessere Nerven haben/belastbarer sind. Aber ganz ehrlich: ich will auch noch ein Leben jenseits meiner Kinder haben und das macht mich ja im Alltag auch zufrieden. 2 kleine Kinder sind schon echt anstrengend. Schon allein der Lärmpegel ist immens. Und sie sind halt so gut wie nie gleichzeitig weg. Beziehungsweise nicht so lange, wie ich brauchen würde, um zu mir zu kommen.
      Danke für Deine guten Wünsche, die ich zurückgebe. Dein eigener Weihnachtspost hat mich sehr beruhigt!

      Liebe Grüße,
      Frühlingskindermama

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    2. Ich habe früher auch immer gedacht, dass es in anderen Familien immer besser, ruhiger, harmonischer, perfekter läuft als bei einem selbst. Auch ich bin oft mit dem Kinderwagen einsam spazieren gefahren und habe sehnsüchtig in die Fenster der "Heile-Welt-Familien" geschaut. Aber weißt du, was ich mittlerweile glaube? Viele der ach so glücklichen Menschen in den Fenstern haben bestimmt genauso sehnsüchtig nach draußen geschaut, auf die ach so glückliche Mami mit ihre süßen Baby im Wagen. Denk mal das nächste Mal daran, wenn du wieder einmal einsam und frustrierst deine Runden drehst. Auch die anderen haben ihre Probleme. Man selbst sieht aber nur die scheinbar so perfekte Fassade. Andere Kinder sind sicherlich mindestens genauso nervig und die Nerven anderer Mütter liegen bestimmt auch mehr als einmal am Tag blank. Nur wollen dies viele einfach nicht zugeben. Es soll halt alles perfekt sein.
      Also, nicht verzweifeln. ;) Du hast bestimmt mehrere Leidensgenossinnen. Leben mit Kindern ist ein hartes Stück Arbeit. Vertraue einfach fest darauf, dass du deinen Weg schon gehen wirst,(und sie ihren) auch wenn er holperig ist. Schicke dir tausend gute Wünsche!

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