In der Kita hat er bis Anfang April noch mittags geschlafen. Nach dieser Episode im August 2015, als nach dem Wechsel zu den Großen plötzlich und übergangslos keine Mittagspause mehr gemacht wurde und er nach kurzer Zeit völlig überreizt war, was sich in schlimmen Wutanfällen, Schreiattacken und Essensverweigerung äußerte, hatten wir in einem Gespräch mit seiner Erzieherin darum gebeten, ihn, wenn schon nicht zum Schlafen, so doch wenigstens zu einer Mittagspause anzuhalten. Er wurde dann wieder zu den Schlafkindern gezählt, die sich hinlegen sollten und nach einer bestimmten Zeit aufstehen konnten, wenn sie nicht einschliefen. Soweit wir wissen, schlief er immer ein. Das war für ihn der beste Weg und für uns in Ordnung.
Im Winterhalbjahr hat er immer öfter am Wochenende nicht geschlafen, sich aber ruhig beschäftigt oder mit dem Tablet gespielt. Uns war nur wichtig, dass eine Ruhepause eingehalten wird, wenn die Kleine schläft. Das hat gut geklappt und er hat auch den Nachmittag problemlos überstanden. Schwierig war nur, wenn wir nachmittags Auto gefahren sind, weil er dann sofort wegdöste. Manchmal hat er auch noch zuhause geschlafen, erstmals auch mit der Kleinen und einem von uns zusammen, was total süß war; man merkte aber schon, dass sich der Mittagsschlaf nun langsam ausschlich. Anfang April sagte er dann irgendwann ganz überraschend, dass er nun in der Kita auch nicht mehr schlafen wolle. Ob der Wunsch ganz aus ihm selbst heraus entstand oder ihn seine Freunde, die alle nicht mehr schliefen, auf die Idee gebracht hatten, ist nicht ganz durchschaubar. Aber er selbst war ziemlich klar in seinem Anliegen, was für ihn ungewöhnlich ist. Also sprach ich mit ihm darüber, dass er sich dann aber unbedingt in der Mittagspause ruhig beschäftigen und ein wenig zurückziehen solle, damit er sich erholen kann. Am nächsten Tag redete ich in seiner Gegenwart mit einer Erzieherin, erzählte, dass er nun nicht mehr schlafen wolle und bat explizit darum, ein Auge auf ihn zu werfen, damit er in der Mittagspause runterkommen kann. Denn darüber machte ich mir die meisten Sorgen.
Am ersten Tag bin ich mit den Kindern extra relativ früh nach Hause gegangen, damit er sich erholen kann. Er war aber gut und normal drauf. Ab dem zweiten Tag nach Abschaffung des Mittagsschlafes in der Kita spielte sich immer das gleiche Drama ab: den Nachmittag überstand er noch relativ problemlos, abends aber war die Luft komplett raus. Manchmal weinte und bockte er, meist aber war er völlig apathisch, reagierte auf gar nichts mehr, lag auf der Couch und verweigerte das gemeinsame Abendbrot. Jeder Ton, jedes Geräusch schien ihm zuviel zu sein (das kenne ich nur zu gut von mir selbst, ebenso die Appetitlosigkeit bei Überreizung). Einige Male aß er dann später allein noch etwas, was mich beruhigte. Das setzte sich die 3 Wochen bis zu unserem Urlaub Anfang Mai so fort. Insgesamt war er in dieser Zeit sehr empfindlich, noch schneller gekränkt als sonst, sehr weinerlich, ist viel hingefallen und sah angegriffen aus. Die Abende waren eine Nervenprobe bzw. er tat mir sehr leid. Ich fragte ihn noch mehrmals, ob er doch wieder schlafen wolle, aber er wollte definitiv nicht. Morgens schlief er nicht erkennbar länger und ging abends auch nicht freiwillig früher ins Bett, sondern wie immer erst durch unser Signal.
Wir sahen, dass er dringend auftanken und sich regenerieren musste. Für den Urlaub nahmen wir uns deshalb vor, ihm so oft wie möglich den Mittagsschlaf durch Autofahren abzutricksen. Bis auf ein Mal schlief er dort immer im Auto, was ihm erkennbar gut tat. Wir hatten eine ebenerdige Ferienwohnung und parkten das Auto direkt davor, was optimal war. Schlagartig hörte die abendliche Apathie und Appetitlosigkeit auf und ihm ging es von Tag zu Tag besser. Da beide Kinder im Urlaub sehr früh wach waren, war der Mittagsschlaf sowohl für sie als auch für uns dringend nötig. Man sah, wie gut es dem Großen bekam, er hatte Kraft für den Nachmittag und regenerierte sich.
Quelle: Pixabay
Als die Kita wieder startete, fragte ich ihn noch einmal, ob er lieber schlafen wolle. Nein, er wollte partout nicht. Ich briefte erneut die Erzieherinnen, darauf zu achten, dass er sich mittags ausruht und etwas abschaltet. Seitdem funktioniert es besser und er isst abends mit uns, ist nicht mehr apathisch, spielt zwar ruhig und für sich (oder mit Papa), aber ist kein Häufchen Elend mehr. In den letzten 3 Wochen wirkte er, als hätte er sich nun umgestellt. Vielleicht wird auch jetzt mehr auf seine Ruhezeit in der Kita geachtet, wer weiß. Seine Bettgehzeit (20:30 Uhr) und Aufwachzeit (6:00-6:30 Uhr) ist auch nach 7 Wochen eigentlich gleich geblieben. Vielleicht schläft er morgens eine Viertelstunde länger, aber keinesfalls die 1-1,5 h des fehlenden Mittagsschlafes. Wir werden sehen, wie sich das weiter entwickelt.
An den Wochenenden wollen wir ihn eigentlich, so oft es geht, überlisten und im Auto schlafen lassen, damit er den fehlenden Schlaf der Woche etwas aufholt. Am letzten Wochenende hat nicht einmal das geklappt und er ist wieder aufgewacht, als wir an unserem Garten ankamen. Das zeigt uns, dass er den Schlaf wohl tatsächlich nicht mehr so dringend zu brauchen scheint. Wir achten aber auch da auf eine Ruhepause. Die Mittagsschlafkarriere des Großen scheint nun also nach 5 Jahren beendet zu sein. Wenn die Kleine das mitbekommt, wird ihre wohl auch bald Geschichte sein. Damit würden wir zwar mehr Flexibilität im Tagesablauf gewinnen, aber die wichtige Ruhephase für uns Eltern fiele weg. Am wichtigsten ist mir jedoch, dass der Große Strategien für sich selbst findet, innerhalb eines Tages eine Pause zu machen und etwas zur Ruhe zu kommen, um der drohenden Überreizung vorzubeugen. Das wird vor allem auch in Hinblick auf seinen Schulstart 2017 notwendig sein. Und für mich selbst ist die kurze Pause zwischen Arbeit und Kita, in der ich allein zuhause bin, die wichtigste Phase des Tages.
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