Donnerstag, 3. März 2016

Eine Beerdigung mit zwei kleinen Kindern

Vor wenigen Tagen war der Große auf seiner zweiten Beerdigung in seinem jungen Leben, die Kleine auf ihrer ersten. Ihr Opa väterlicherseits war Mitte Februar verstorben und wurde am 1. März 2016 beigesetzt. Der 1. März ist und bleibt ein emotionales Datum für uns. Am 1. März 2004 verlor ich mein erstes Kind, und der 1. März 2011 war der errechnete Geburtstermin meines Großen. Diesmal markierte er das Ende einer Familienseite. Die Oma väterlicherseits war bereits im Jahr 2011, als der Große gerade mal 5 Monate alt war, verstorben.

Es gab keinerlei Zweifel, dass wir die Kinder zur Beerdigung des Opas mitnehmen würden. Schließlich handelte es sich nicht um eine klassische Friedhofsbeerdigung mit langer Trauerfeier, sondern um eine unprätentiöse Beisetzung in einem Ruheforst (Bestattungswald). Und da der Rest dieser Familienseite sehr überschaubar ist, sollten wenigstens die paar Menschen, die den Nachnamen weitertragen, sprich unsere Kinder, daran teilnehmen.

Da wir keinerlei Familie mehr in der Ostseestadt meiner Schwiegereltern haben, übernachteten wir von Montag zu Dienstag im Hotel. Am Montag Nachmittag bummelten wir durch die Innenstadt und den Hafenbereich und kehrten erst gegen 19 Uhr ins Hotel zurück. Hatten wir zwischenzeitlich die Hoffnung gehabt, doch vielleicht bald mal eine Städtereise mit den Kindern machen zu können, so zerschlug sich diese Hoffnung in dem knapp 3-stündigen Stadtbummel. Der Große läuft zwar mittlerweile ausdauernder als früher, aber irgendwann wird es ihm zuviel und dann wird nur noch gemotzt. Die Kleine sitzt wie angewurzelt im Buggy und skandiert solange "Ich will einen Kakao!", bis wir den nächsten Bäcker ansteuern. Danach heißt es dann nur noch "Ich will nach Hause!". Macht also richtig Spaß! In einem Einkaufszentrum werden wir mit Sicherheit nicht mehr Abendbrot essen, da die essensverschmähende Kleine kurzerhand losstiefelte und man durch das halbe Center hinterherlaufen musste, während das Essen kalt wurde. Dafür muss ich aber sagen, dass sich die Kinder super schnell ans Hotel akklimatisierten und das Einschlafen so wie zuhause klappte.

Am nächsten Morgen fand um 10 Uhr die Beerdigung statt. Wir hatten uns entschieden, die Kinder nur durch knappes Erzählen über den Ablauf darauf vorzubereiten, aber keine Bücher etc. zu lesen. Wenn Fragen kämen, könnten wir dies hinterher immer noch aufarbeiten. Wir wollten sie das Geschehen so ungeprägt und urteilsfrei wie möglich erleben lassen. Das war, denke ich, die richtige Entscheidung. Die Beisetzung in einem Ruheforst ist nicht mit einer Friedhofsbeerdigung zu vergleichen. Die Atmosphäre ist sehr natürlich und überhaupt nicht beklemmend. Die Urnen werden rings um Bäume, die man sich vor seinem Ableben selbst aussuchen kann, wenn man dies möchte, in die Erde gelassen. An den Bäumen hängen kleine Plaketten mit den Namen der Beigesetzten. Es gibt keinen Grabstein, keinen Grabschmuck, es ist auch keine Grabpflege nötig. Meine verstorbene Schwiegermutter hatte sich dereinst "ihren" Baum ausgesucht und dort wurde nun auch mein Schwiegervater beerdigt.


Die Kinder machten gut mit, waren still und nahmen die Atmosphäre in sich auf. Die Vögel zwitscherten, die Sonne schien durch die Bäume und der große Ameisenhügel war immer noch an seiner Stelle. Die Trauerrunde war klein und das Prozedere kurz (ca. 30 Minuten). Die Kinder stellten auch danach keine ausführlichen Fragen bzw. gaben sich mit unseren knappen, kindgerechten Antworten zufrieden. Ich bin auch bei diesem Thema kein Freund einer zu ausführlichen Schilderung. Natürlich wird jede Frage beantwortet, aber so, dass die Kinder die Antwort auch begreifen können und sich danach nicht zehn neue Fragen auftun, die sie vielleicht gar nicht verarbeiten können. Ich warte lieber, bis das Thema so fassbar für sie wird, dass man intensiver einsteigen kann. Bis dahin möchte ich es für sie lieber so belassen, wie sie es erlebt haben. Mit knapp 5 und 2 3/4 Jahren müssen sie auch einfach noch nicht alles wissen, sondern sollen noch Kind sein dürfen. Ich mag es generell nicht, Kinder zu früh mit "zuviel" Wissen zu bombardieren. Das gilt auch für dieses Thema.

Nach der Beisetzung hatten wir noch Zeit bis zur Heimfahrt, und da Karl's Erdbeerhof direkt auf dem Weg zur Autobahn lag, statteten wir dem Erlebnishof noch einen Besuch ab und die Kinder konnten sich noch ein wenig austoben. Ist das profan nach einer Beerdigung? Vielleicht, aber mit zwei kleinen Kindern, die den Vormittag toll durchgehalten haben und noch eine zweistündige Autofahrt vor sich hatten, sicher verständlich und nachvollziehbar. Insgesamt verliefen die zwei Tage recht ruhig, nicht gehetzt und wir versuchten, den Bedürfnissen aller Familienmitglieder Rechnung zu tragen. Wobei ich fürchte, dass mein Mann zu wenig Gelegenheit hatte, in Ruhe Abschied zu nehmen. So ist das eben mit kleinen Kindern. Dafür hat er sich bei seinem letzten Besuch beim Vater einen Tag vor dem Ableben zusammen mit dem Großen verabschiedet. Das ist nicht jedem vergönnt. In unserem nächsten Ostsee-Urlaub im Sommer werden wir nun nur noch den Baum der (Groß-)Eltern im Ruheforst besuchen können. Aber das ist ein schöner Ort.

Noch ein kleiner Nachsatz:
In den Tagen nach dem Tod meines Schwiegervaters ist mir aufgefallen, wie wenige Menschen heutzutage noch ihr Beileid aussprechen. Davon nehme ich Twitter ausdrücklich aus und meine besonders das reale Leben. Zum Teil war ich wirklich geschockt, wie über eine solche Information hinweggegangen wurde und nicht einmal einfachste Höflichkeitsregeln eingehalten wurden. Das kenne ich ganz anders. Selbst wenn es "nur" mein Schwiegervater war, der gegangen ist, so erwarte ich doch wenigstens eine kurze Beileidsbekundung. Ich weiß nicht, woran es liegt. Sind die Menschen unsicher, schlecht erzogen oder ist es eine Frage unserer Generation? Das stieß mir wirklich sehr negativ auf, aber vielleicht lege ich da einfach zuviel Wert auf Höflichkeitsfloskeln. Was meint ihr?

9 Kommentare:

  1. Zuerst einmal herzliches Beileid! <3
    Die Beerdigung & das rum herrum klingt wirklich gut.
    Das mit der Höflichkeit kann ich jetzt nicht bestätigen. Ich habe kürzlich meine oma beerdigen müssen & obwohl ich kaum jemanden von ihren Tod erzählt habe, wurde ich so mit beileidsbekundigungen bombardiert, das ich es garnicht mehr hören konnte.
    Ich kann mir diesen unterschied jetzt auch nicht erklären, vielleicht weil sich viele wirklich denken wen es "nur" angeheiratet ist wird es nicht so schlimm sein. Dabei ist es egal ob die Person Freund, an geheiratet oder blutsverwand war, der Schmerz ist unglaublich groß.
    Jedenfalls wünsche ich euch alles gute, eine starke Zeit & das die schwere im Herzen euch wieder atmen lässt.

    LG Nicky

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    1. Ich danke Dir von Herzen! Ich verstehe es auch nicht, es gehört für mich einfach dazu, zumindest kurz sein Beileid auszusprechen. Immerhin ist es einer von zwei Opas meiner Kinder. Schön, dass Du es anders erlebt hast, auch wenn es Dir zuviel war. Das kann ich wiederum auch verstehen.
      Alles Gute euch!
      Liebe Grüße!

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  2. Mein herzliches Beileid für dich.
    Eine Beisetzung zwischen Vogelgezwitscher und Waldduft ist sehr viel "schöner" als auf einem riesigem Friedhof.
    Ich bin vom Beruf her viel mit Tod und Trauer beschäftigt und würde die fehlenden Beileidsbekundungen damit bekründen, dass viele einfach unsicher sind, ob der Angehörige drauf angesprochen werden will.
    Ich kenne eine Frau, die sagte, dass sie auf keinen Fall eine Traueranzeige in die Zeitung setzen wird oder in schwarz durch den Ort läuft. Denn je mehr von dem Tod ihres Mannes wissen, umso mehr sprechen sie drauf an und dann muss sie, wenn auch nur kurz, mit jedem darüber sprechen. Und das verkraftet sie einfach nicht, es ist so schon schwer genug.
    Seit ich ihre Sichtweise kenne und mich in ihre Lage versetzt habe, bin ich auch vorsichtiger mit Beileidsbekundungen geworden.
    Alles Gute für dich
    Heike

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    1. Vielen lieben Dank! Das Beispiel von der Frau, das Du schilderst, kann ich schon nachvollziehen. Ein verstorbener Ehemann ist ja emotional gesehen nochmal was anderes. Ich finde es einfach unverständlich, dass Bekannte einfach so darüber hinweggehen, wenn man das erzählt. Ich erwarte keine langen Gespräche, aber Beileid und vielleicht noch "Wie geht es Deinem Mann?" oder "Hatten die Kinder eine enge Beziehung zum Opa?" irgendwie schon. Ein kurzes Innehalte sozusagen. Nun ja.
      Liebe Grüße und danke!

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  3. Oh das tut mir leid! Mein Beileid! Das mit dem Datum ist ja ein bisschen spuky. Aber so ist das manchmal. Eine Besetzung im Wald ist eine sehr schöne Alternative zur traditionellen kirchlichen Beisetzung. Finde ich super.
    Das mit dem "Nicht-Beileid-Bekunden" kann ich auch nicht bestätigen. Auf der Beerdigung meines Schwiegervaters vor einem Jahr (Mitte Februar) bekam ich von wild Fremden Leuten das Beileid ausgesprochen. Ich war auch ein bisschen überfordert.
    Allerdings, als mein Opa vor vielen Jahren verstarb, da fand ich auch auch ganz viele Leute total heuchlerisch. Vielleicht war ich auch einfach drüber, denn es war mein aller liebster Lieblingsopa. Sein Tod traf mich sehr. Jedenfalls saßen in der Küche Leute, die ich noch nie gesehen hatte und die trauerten demonstrativ. Und ich dachte, die kennen den Opa doch garnicht. Wieso machen die hier einen auf super traurig. ICH bin traurig. Meine Mama ist traurig. Und meine Oma erst. Am Ende bin ich ein bisschen hysterisch geworden und musste lachen. Wenn ich so drüber nachdenke. Ich war übergeschnappt und die Leute waren wahrscheinlich alle ganz normal, nur ich halt nicht.
    Was Kinder und Beerdigungen angeht...ich habe die Erfahrung gemacht, dass Kinder die Stimmung begreifen und sich dann doch sehr vorbildlich benehmen und man keinen Zirkus bei der Trauerfeier hat. Kinder spüren doch eine ganze Menge.

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    1. Ich danke Dir! Merkwürdigerweise kam von Fremden eher eine Beileidsbekundung als von Freunden/Bekannten. Echt komisch. Solche Gefühle, wie Du beim Tod Deines Opas empfunden hast, kenne ich auch, das ging mir ähnlich beim Tod meiner Großeltern, zu denen ich auch eine enge Beziehung hatte.
      Man ist natürlich immer etwas angespannt, ob die Kinder gut mitmachen, aber insgesamt verlief es wirklich gut. Als der Große 5 Monate alt war bei der Beerdigung meiner Schwiegermutter, hatte ich totale Angst vor einer Schreiattacke (er war ja ein Schreibaby), aber auch das trat nicht ein.
      Liebe Grüße und danke!

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  4. Mein aufrichtiges Beileid!
    Als meine Mutter vor zwei Jahren starb, war mein Großer auch dabei und es war auch für ihn wichtig und richtig. Wir haben aber auch viel geredet. Er saß ja auch mit im Auto als wir vom Tod erfuhren und wollte natürlich verstehen, warum ich so schmerzlich traurig war. Ich habe damals unheimlich viele Beileidsbekundigungen bekommen, auch viele Karten von Freunden aus nah und fern. Das war irgendwie tröstend.
    Es fällt mir aber persönlich auch schwer, diese Worte auszusprechen. Mein Beileid klingt so untröstlich in der schweren Zeit. Aber seit dem Tod meiner Mama denke ich da jetzt auch anders drüber und verschicke auch Beileidskarten. Leider sterben jetzt grad oft Elternteile meiner Bekannten, wir sind nun in dem Alter angekommen, in dem man wieder öfters damit konfrontiert wird.
    Ich schicke Euch liebe Grüße und gute Gedanken.
    Tanja

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    1. Ich danke Dir sehr! Ich glaube, der Tod der eigenen Mutter ist noch einmal eine ganz andere Dimension. Und wenn die Kinder noch so klein sind, ist es sicherlich unheimlich schwierig, im eigenen Schmerz die richtigen Worte zu finden, um den Kindern das zu erklären. Insofern war es noch ein wenig "Übung" für mich. Wahrscheinlich muss das dann einfach der Partner übernehmen, wenn man es selbst nicht kann.
      Ganz lieben Dank für Deine Worte und liebe Grüße!

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  5. Hi, das klingt tatsächlich sehr entspannt. Ich selbst war bisher nur zu einer Beerdigung in Offenburg. Es gab einen Sarg, eine Trauerrede, das herumstehen um das Loch und jeder durfte Sand hineinwerfen. Beim Leichenschmaus hörte ich dann, dass man sogar darüber nachgedacht hatte den Sarg offen zu lassen. Eine Ruheforstbeisetzung klingt im Gegensatz dazu wahnsinnig ruhig.

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